Langsam schlurfte Gerd den Gang zum Aufzug entlang. Was fuer ein Scheißtag.
Frustriert drehte er das Tamagotchi-Ei in seiner rechten Hand hin und her.
Sarah, seine geliebte, ja sogar vergötterte Freundin, hatte es ihm
geschenkt. Sie meinte, damit würde er schon mal lernen, was er zu tun habe,
wenn sie gemeinsame Kinder hätten ...
Bei dem Gedanken drehte ihm sich langsam der Magen um. Nicht, daß er etwas
gegen Kinder hätte. Eines Tages wollte er eigentlich schon welche.
Vielleicht sogar schon in ein oder zwei Jahren. Aber es hatte sich nun
erübrigt.
Er war beim Arzt gewesen, eigentlich nur zu einer Routineuntersuchung. Er
wünschte beinahe, er hätte sie nicht gemacht. Denn Doktor Berner hatte ihm
erklärt, daß er zeugungsunfähig war.
Für Gerd war eine Welt zusammengebrochen, als er das gehört hatte. Und wie
sollte er es nur Sarah beibringen? Sie hatte sich immer so sehr Kinder
gewünscht! Der Gedanke, ihre Träume zu zerstören, war für ihn das
Schlimmste von allem.
Mit einem Surren öffnete sich die Aufzugtür und Gerd trat ein. Mit der
Hand, in der er auch das Tamagotchi hielt, drückte er auf den Knopf für den
sechsten Stock, und die Türen schlossen sich.
Nachdenklich betrachtete er das Plastik-Ei in seiner Hand. Im Grunde genommen
brachte es ihm überhaupt nichts, er verschwendete die ganze Zeit dafür nur
Sarah zuliebe. Manchmal hatte er das Gefühl, als würde ihn dieses dumme Ei
richtig ausnutzen ...
Verwirrt schüttelte er den Kopf. Wie konnte er jetzt nur über so etwas
nachdenken? Die Aufzugtür öffnete sich wieder mit einem surrenden
Geräusch, und Gerd legte mit schnellen Schritten den Weg zu ihrer
Wohnungstür zurück. Seit fast drei Jahren hatten sie diese Wohnung nun ..
Gerd atmete einmal tief ein und wieder aus, dann steckte er den Schlüssel
ins Schloß, öffnete die Tür, und trat ein. Eine Sekunde später hörte er
Sarahs Schritte, die aus der Küche auf ihn zukamen.
"Hallo Liebling", begrüßte Gerd sie. Wie sollte er es ihr nur sagen ??
Sanft schlang sie ihre Arme um ihn und gab ihm einen Kuß. "Hallo", erwiderte
sie. "Ich muß dir etwas erzählen, Schatz."
Gerd seufzte leicht. "Ich dir auch, Sarah. Aber du zuerst."
Sarah sah ihm einen Moment tief in die Augen und lächelte ihn an.
"Ich bin schwanger, Gerd."
Vidar / Heiner de Wendt
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