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Computer '97

- Erlebnisbericht von einer Messe voller ausgefallener Überraschungen

Es ist jedesmal fast so wie Weihnachten. Vor der alljährlichen "Computer"-Messe in der Domstadt Köln wird allerorten geheimnisvoll von wunderbaren Überraschungen gemunkelt. Andeutungen sensationeller Enthüllungen werden scheinbar beiläufig fallengelassen. Der Gabentisch scheint prächtig gedeckt zu sein. Doch so vielversprechend wie in diesem Jahr war es schon lange nicht mehr gewesen. Selbst Medien außerhalb des Computersektors berichten von der Messe, bei der der man allenthalben von Gateway 2000 die Wiederbelebung der Amiga-Technologie erwartet. Hinzu kommen zahlreiche Soft- und Hardware-Ankündigungen - von den "neuen" Amiga-Modellen A5000 und A6000 über die Markteinführung der Amigaversion des Spielehits "Myst", diversen PowerPC-Adaptionen ("Reflections") und der Internet-Programmiersprache "Java" bis hin zur neuesten Version der Tabellenkalkulation "TurboCalc" und dem Druckwunder "TurboPrint". Es besteht also berechtigter Anlaß zur Hoffnung, daß die "Computer '97" mehr als nur eine Reise wert ist und die eher enttäuschenden Messen der Vorjahre vergessen machen würde. Da trifft es sich natürlich blendend, daß mir APC&TCP-Chef Andreas Magerl diesmal wieder anbietet, an seinem Messestand auszuhelfen - obwohl ich mir nur schwer vorstellen kann, daß ich der richtige Mann bin, schwache Produkte wie die APC&TCP-CD-ROMs 3 und 4 oder das bei allen technischen Qualitäten spielerisch überschätzte "Flyin' High" an den Mann zu bringen, nehme ich das Angebot natürlich dankend an. Man ist ja auch ein stückweit sadistisch veranlagt...

Freitag, der 14. November. Es kann losgehen - von Cölbe nach Köln. Phonetisch ein Katzensprung. Tatsächlich eine fast vierstündige Bahnfahrt. Um halb zwei (natürlich mittags) stehe ich endlich auf dem Domplatz vor dem Kölner Hauptbahnhof. Jetzt gilt es zunächst das von Andreas Magerl empfohlene Hotel "Weber" zu finden, das sich überglücklich schätzen darf, mich während der drei Messetage zu beherbergen. Nach einem etwa vierzig Minuten währenden desorientierten Fußmarsch stehe ich dann auch endlich in der Jahnstraße vor dem Haus mit der Nummer 22. Und da die Frau an der Rezeption den Fehler begeht, das Bestehen meiner Reservierung, trotzdem sie nun meiner angesichtig wurde, nicht einfach zu leugnen, bin ich am Ziel. Schnell die Sachen verstaut und Richtung Messegelände marschiert. Nachdem ich dreißig Minuten später etwas außer Atem in Köln-Deutz stehe, statte ich erstmal dem Imbiß, bei dem mir schon im letzten Jahr schlecht geworden war, noch einen kurzen Besuch ab. Aber nun geht's endlich auf das Messegelände - alle Feinde umständlicher und überflüssiger Einleitungen können aufatmen. Wobei es aller Voraussicht nach jedoch kaum besser werden wird.

Ich hefte mir also meinen Ausstellerausweis ans Revers und marschiere munter in das Gebäude, in dem traditionell die "Computer"-Messen stattfinden. Doch wie im letzten Jahr wird auch diesmal schon im Hallenfoyer klar, daß die Veranstalter sich wieder mächtig verschätzt haben. Statt der angekündigten zwei Hallen ist nur eine einzige geöffnet. Diesmal allerdings auf der entgegengesetzten Gebäudeseite - da sage noch einer, der ICP-Verlag und die PRO Concept GmbH, ihres Zeichens Veranstalter dieses Großreignisses, würden nicht für Abwechslung sorgen. Etwas ernüchtert und mit durchaus bösen Vorahnungen mache ich mich nun auf die Suche nach dem Stand des APC&TCP, der geschickterweise (wie jedes Jahr) ganz weit vom Eingang entfernt ist. Nachdem sich alle ihren Schrecken aus dem Gesicht gewischt haben, folgt die offizielle Begrüßung. Neben Magerl höchstselbst und seiner Freundin Christine Hinckel ist auch Gerd "FlipFlop" Frank mit seinem schon traditionellen Gemischtwarenangebot bestehend aus diversen CD-ROMs, insbesondere aus Video- und "Amiga FD inside"-CDs, anwesend. Weiterhin APC&TCP-/"NoCover"-Veteran Rafael "Raffy" Biermann und zwei weitere, mir bisher unbekannte Clubmitglieder: Helge Schwarz und seine Freundin Daniela. Aufgrund der zurückhaltenden Plakatierung komme ich auch nicht umhin, gleich die erste tatsächliche Messeneuheit zu bemerken: "Amiga Future - das neue Amiga-Spielemagazin" prangt es in dicken farbigen Lettern von den Standwänden und den umliegenden (respektive -stehenden) Säulen. Es gab ja bereits im Vorfeld der Messe massive Gerüchte über ein neues Spielemagazin, das die durch den Wegfall des "Amiga-Joker" und der "Amiga Games" entstandene Lücke füllen soll. Doch die Auguren, die als Verantwortliche die hinter den beiden genannten Magazinen stehenden Verlage oder sogar englische Zeitschriftenmacher am Werke sahen, irrten. Stolz erzählt Club-Chef Magerl, daß sich der APC&TCP kurz vor der Messe endgültig mit dem ICP-Verlag ("Amiga Plus") geeinigt hat und "Amiga Future" als Gemeinschaftsproduktion auf den Markt gebracht werden wird. Während der APC&TCP für den redaktionellen Teil verantwortlich zeichnen wird, wird der ICP-Verlag den Vertrieb übernehmen. Das bedeutet, daß die "Amiga Future" an jedem Kiosk erhältlich sein wird, an dem es auch die "Plus" gibt - und damit nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz. Das Magazin wird eine Cover-CD-ROM enthalten, wobei noch nicht feststeht, ob man für diese die Rechte an kommerziellen Spielen erhalten oder ob man sich auf FD-/Shareware-Produkte beschränken wird. Dementsprechend ist man sich auch über den Verkaufspreis des Magazins noch nicht im klaren. Inhaltlich wird es, wer hätte das bei einem Spielemagazin erwartet ?, vor allem Spieletests geben. Anwendungen, Demos und Hardware sollen zwar auch, allerdings nur in entsprechend kleinerem Rahmen, berücksichtigt werden. Insgesamt soll der redaktionelle Teil mindestens 50 Seiten umfassen. Hinzu kommt die Werbung, so daß das Magazin aller Voraussicht nach einen Umfang von 70-80 Seiten haben dürfte. Mangels einer Anzahl von Spiele-Neuerscheinungen, mit der man alle vier Wochen ein ganzes Heft füllen könnte, wird die "Amiga Future" zumindest vorerst nur alle zwei Monate erscheinen - das erste Mal übrigens am 4. Februar 1998. Magerls Augen glänzen glücklich. Ein weiteres Erfolgsmodell, das sich der APC&TCP zu eigen macht - von der Spieleproduktion über den -test bis hin zum -vertrieb erfolgt nun alles im selben Haus. Soviel zum Thema integrierte Produktionsstufen.

Auch ansonsten gibt es hier am APC&TCP-Stand schon einige Neuheiten zu sehen. Da ist einmal eine Datendisk zu "Flyin' High", die neben einem auch einzeln erhältlichen Patch, mit dem die viel kritisierte Steuerung des Spiels verbessert werden soll, zwei komplett neue Welten mit jeweils fünf Runden enthält. Und zum anderen wurde die Flipper-Simulation mit dem doch etwas eigentümlichen Namen "Pinball Brain Damage" rechtzeitig zur Messe fertig - allerdings nur die Diskettenversion, die sich von der CD-ROM-Version dadurch unterscheidet, daß bei ihr der Editor zum Entwerfen eigener Flippertische fehlt. Um die Verwirrung zu komplettieren trifft das allerdings auf die hier in Köln erhältlichen Exemplare nicht zu - denen hat der APC&TCP sozusagen als "Messeextra" (oder als Entschuldigung für die Verspätung der CD-ROM-Version) eben jenen Editor beigelegt. "Brain Damage" besteht selbst nur aus zwei verschiedenen Flippertischen und sieht verblüffend nach dem Genreprimus "Slam Tilt" aus - was aber eher ein Vorteil als ein Manko sein dürfte. Nicht geklärt wird jedoch die Frage, warum das "AmigaGadget" von dem Spiel noch kein Rezensionsexemplar erhalten hat. Durch die Neu(igk)(h)eiten etwas ermuntert, mache ich mich auf einen ersten Messerundgang. Das erste, was mir auffällt, ist das Fehlen von Sonderaktionen, wie sie in den Vorjahren auf der Messe üblich waren. Kein Extremklettern mehr, keine Luftmatrazen - nichts. Lediglich am Stand von Software 2000 kann man sich ein wenig körperlich betätigen. Wie im Vorjahr bieten die Eutiner Spieleproduzenten ein thematisch zu ihrem Megaseller "Bundesliga Manager" abgestimmtes Torwandschießen an. Software 2000 ist gleichzeitig auch einer der wenigen Spieleproduzenten, die den Weg auf diese Messe gefunden haben. Auch das eine (negative ?) Veränderung zum Vorjahr, als noch zahlreiche PC-Spielefirmen den Weg nach Köln auf sich nahmen. Die "Computer '97" ähnelt mehr einem großen Computer-Flohmarkt - zumindest was Computersysteme außerhalb der Amiga-Welt betrifft. Die Idee einer integrierten Messe für alle Rechnertypen dürfte spätestens in diesem Jahr damit als gescheitert gelten, zumal nur etwa 50km entfernt in den Düsseldorfer Messehallen fast gleichzeitig (von Donnerstag bis Samstag) die größte deutsche Apple-Messe, die "MacWorld", stattfindet.

Mit diesen ersten Impressionen kehre ich zum APC&TCP-Stand zurück - und werde gleich dienstverpflichtet. Zusammen mit Rafael soll ich einen Pizzaboten ausfindig machen, der die Standbesatzung mit italienischen Teigwaren versorgen soll. Nur zur Erinnerung: ich hatte mir natürlich just keine Stunde vorher den Bauch mit wunderbar fetten und salzigen Pommes Frites vollgeschlagen. Also ziehe ich nicht sonderlich begeistert mit dem vor Hunger schon ganz irr blickenden Rafael um die Halle, um den Pizzamann zu suchen. Doch der ist nicht aufzufinden - weder im Eingangsbereich der Halle noch in ihrer direkten Umgebung. Ein Parkwächter gibt uns den Rat, es mal an Halle 14 zu versuchen. Doch da ist auch niemand mit lecker-fettigen Pappschachteln. Rafael zückt sein Handy und zwingt mich dazu, mein erstes Gespräch mit einem solchen Wunder der Wichtigtuerei zu führen - was mich vor größere Schwierigkeiten stellt. Doch schon wenige Minuten später habe ich Mikrofon und Lautsprecher gefunden und (mit Rafaels Hilfe) als solche identifiziert. Was heißt hier "Technikbanause" ? Der Italiener am anderen Ende der Leitung gibt uns jedenfalls leider auch keine sonderlich hilfreichen Hinweise. Sein Fahrer stünde an der Messehalle 11 - an dem zentralen Übersichtsplan. Wir tigern also zurück zur Halle, finden aber weder einen solchen Plan noch den dort angeblich wartenden Fahrer. Auch das versammelte Messehallenpersonal kann uns nicht weiterhelfen. Aus Rafaels Blick spricht inzwischen der nackte Hunger. Ich bete, daß die zivilisatorische Decke dick genug ist und er mich nicht hier vor allen Leuten anspringen und auffressen wird. Der Parkwächter lächelt milde, als wir das Hallengelände ein zweites Mal absuchen. Ja, jetzt habe er gerade den Pizzaboten vorbeifahren sehen. Der werde sicherlich am Lieferanteneingang an der Rückseite der Halle warten. Die Witterung aufnehmend hecheln wir auch dorthin - und finden zwar den angekündigten Übersichtsplan und auch den Hintereingang, nicht jedoch unsere Pizzen. Rafael beginnt, nur noch unverständlich vor sich hin zu knurren. Als wir dann auch noch von einem weiteren Parkwächter erfahren, daß hier seit zwei Stunden kein Pizzabote mehr gesichtet worden sei, geben wir uns geschlagen. Gesenkten Hauptes trotten wir zum APC&TCP-Stand zurück - und werden von lautem Schmatzen empfangen. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muß halt der Pizzabote zum Stand kommen. Oder so. Nur unwillig läßt Rafael von seinem Handy, auf dem er seit einigen Minuten hungrig herumkaut.

Nachdem die Pizzen ihrer endgültigen Bestimmung zugeführt sind, mache ich mich zusammen mit Gööörd Frank zu einem zweiten Rundgang über das Messegelände auf. Ein überraschendes Wiedersehen gibt es beim erstaunlich großen Stand des Computer Fan-Club Hagen e.V. - dort werkelt munter und unbeirrt an einem Acorn-RISC-Rechner genau derselbe Freak, der auch schon in Gütersloh (vgl. Messenachlese im "AmigaGadget"#30) die Fahne dieses "alternativen Computersystems", wie es so schön politisch korrekt heißt, hochgehalten hat. Während wir durch die Gänge schlendern und mit Schrecken die schon fast kriminell niedrigen RAM-Preise vergleichen, kommentiert Gerd fachkundig die einzelnen Händler-Angebote - "Billig und unzuverlässig.", "Schrott.", "Was die hier wohl wollen ?". Anders jedoch beim Stand von "Village Tronic". Dort ist das "Paloma IV"-Modul für die Grafikkarte "Picasso IV" zu bewundern. Es sorgt dafür, daß Videobilder auf der Workbench dargestellt werden können. "Paloma" verfügt über zwei Videoeingänge - zum einen für die professionelle Nutzung einen S-VHS-Eingang und zum anderen einen normalen VHF/UF-Antenneneingang. Die so empfangbaren Videobilder werden in 24 Bit-Qualität angezeigt, können bei Bedarf gespeichert werden und sind in Echtzeit frei skalierbar. Man kann sich somit in der Zukunft auf der Workbench problemlos in einem Fenster den "Marienhof" anschauen, während man am Beitrag fürs nächste "Gadget" arbeitet. Darauf hat die Menschheit zweifelsohne gewartet. Gerd und ich sind jedenfalls beeindruckt. Fast noch mehr beeindruckt sind wir jedoch vom Preis, für den "Village Tronic" die "Picasso IV", die zu ihrer Markteinführung vor nicht einmal einem Jahr noch deutlich über 700 DM kostete, an den Kunden bringt. Hier in Köln verlangt der Hersteller weit unter 600 DM - ein Preis, mit dem keiner der Händler, die die Grafikkarte in ihrem Messe-Sortiment haben, konkurrieren kann. Nachdem wir (beide "Picasso IV"-Besitzer und seit dem Kauf um einiges ärmer) unsere heruntergeklappten Kinnladen wieder eingerenkt haben, werfen wir noch einen kurzen Blick auf die beiden anderen, nun scheinbar ebenfalls lieferbaren "Picasso IV"-Module: "Pablo IV" stellt den Videoausgang für Signale von der Grafikkarte dar (natürlich u.a. auch wied er in S-VHS-Qualität) und die "Concierto IV" erweitert die "Picasso" um zahleiche Klangfähigkeiten - sowohl was die Ausgabe als auch was die Aufzeichnung in 16 Bit-Qualität und die Kommunikation mit MIDI-Geräten angeht. Einen noch größeren Stand als die Sarstedter Hardwarespezialisten von Village Tronic hat auch diesmal natürlich wieder der Mitveranstalter ICP. Dort werden wie im Vorjahr gewaltige CD-ROM-Bundles zu wahren Spottpreisen verramscht. Und außerdem gibt es selbstverständlich (auch wie immer) das neue (Dezember-)Heft erstmalig zu kaufen. Als der Mensch hinter dem Tresen unsere Aussteller-Ausweise sieht, drückt er uns mit den Worten "Wir unterstützen Clubs." das Heft für lau in die weit aufgehaltenen Pranken. So haben wir selbst den vergünstigten Messepreis in Höhe von 6 DM gespart, was schon einmal ein Erfolg für sich ist. Der von jedem guten Geschäft emotional tief bewegte Gerd spendiert mir daraufhin auch noch (ganz überraschend) ein Eis - Herz, was begehrst Du mehr ? Meint zumindest mein (reicher) Zahnarzt.

Nun mache ich wieder Zwischenstation am APC&TCP-Stand. Dort passiert aber knappe zwei Stunden vor Messeschluß nicht mehr viel, wenngleich man mir mehr oder weniger glaubhaft versichert, daß mittags die Hölle losgewesen sei. Die wenigen Besucher, die jetzt noch Halt am Stand machen, interessieren sich mehrheitlich für die beiden neuen kommerziellen Spieleprodukte des Clubs. Aber auch die APC&TCP-CD-ROMs, insbesondere die ebenfalls noch fast pressfrische Ausgabe 5, verkaufen sich ziemlich gut. Am meisten geht jedoch von einem Produkt über den Tresen, das der APC&TCP nur in Kommission verkauft. Die Bremer Softwareschmiede Titan Computer hat den lange angekündigten Voxel-Grafik-Flugsimulator "Shadow Of The Third Moon" rechtzeitig zur Messe fertiggestellt - und unter anderem dem Magerl-Versand einige dieser CD-ROMs zum Verkauf überlassen. Da sich der Titan-Stand direkt gegenüber dem APC&TCP-Stand befindet, und dort das Produkt, das als Mindestkonfiguration einen 68030er voraussetzt, ständig vorgeführt wird, können wir uns genauso wie die potentiellen Käufer von den Qualitäten (die faszinierende Grafik) und den Schwächen (einmal mehr die Steuerung) des Spiels überzeugen. Weitaus weniger Interesse wecken die beiden anderen dort ebenfalls vorgestellten Spiele-Neuheiten aus dem Hause Titan: das Plattform-Jump'n'Run "Sword" und das Dungeon-Adventure "Evil's Doom". Aber Titan präsentiert nicht nur Software, die der profanen Unterhaltung dient. Auf einem HighEnd-Amiga mit PowerPC-Karte werden die Fähigkeiten von Version 3.0 der Grafiksoftware "Art Studio" demonstriert - einem zweifelsohne mächtigen, aber dennoch etwas eigentümlichen Funktionenmix aus den Bereich Bildkatalogisierung, -konvertierung und -manipulation. Doch damit nicht genug. Die eigentliche Messeneuheit am Titan-Stand dürfte das ebenfalls die Fähigkeiten der PowerPC-Boards unterstützende "Elastic Dreams" sein. Mit dieser ausgeklügelten Software ist es möglich, Grafiken auf einfache Art und Weise zu manipulieren und zu verfremden. Bildteile können dabei so verschoben werden, als wäre die Farbe noch "feucht". Wem das ganze Konzept von anderen Plattformen her bekannt vor kommt hat recht - auch die Benutzeroberfläche erinnert sicher nicht rein zufällig stark an "Power Gooo!". Damit reicht es mir aber auch schon mit Neuigkeiten für den ersten Messetag. Jetzt sind erstmal ein paar persönliche Besuche angesagt. Am Stand von Amiga International ist das "Amiga-Zentrum-Thüringen" als Unteraussteller am Werke. Der eingetragene Verein, der entgegen seinem Namen auch Heimat für Mac-, Acorn- und Atari-User sein will, hat schon verschiedentlich auf sich aufmerksam gemacht. Hier in Köln stellt er unter anderem seine Internetaktivitäten und ein (Achtung, Wortspiel !) interaktives Computerinformationssystem, das über einen sensitiven (und bereits am Freitag mit zahlreichen fettigen Fingerabdrücken versehenen) Monitor gesteuert wird, vor. Vor allem aber werkelt hier "Purity"-Herausgeber Falk Zühlsdorff, dem ich natürlich aus alter Messetradition heraus die Hand schüttele. Dann mache ich mich auf den Weg zum Stand der britischen Software-Distributoren Epic Marketing (und ihrer deutschen Filiale im süddeutschen Tübingen). Dort soll sich angeblich Heiner de Wendt, "Gadget"-Lesern als kreativer Leserbrief- und Kurzgeschichtenschreiber bekannt und als Autor an der Verzögerung des schon für April '97 angekündigten LucasArts-ähnlichen Adventures "Sixth Sense Investigation" beteiligt, herumtreiben. Als ich einen der Standmitarbeiter nach "Heiner de Wendt ?" frage, zeigt er mißmutig auf zwei Gestalten in "Cinetech"-T-Shirts, die konzentriert an einem Monitor mit erkennbarem Gelbstich arbeiten. Als ich zu ihnen trete dreht sich der eine, hagerere von beiden, sofort um und streckt mir die grinsend die Hand entgegen. Da mir aus seinen Augen der Wahnsinn entgegenlodert, zögere ich keine Sekunde und schüttele freudig die mir dargebotene Hand. "Hallo Heiner." Sichtlich erschreckt über die Verwechslung zieht mein Gegenüber die Hand zurück und weist auf seinen Kollegen - "No, it's him.". Der hat sich nun auch umgedreht. Da wir normalerweise auf intellektuell hochstehendem Niveau kommunizieren, schleudere ich ihm ein fröhliches "Zack, Kopp ab." entgegen. Doch außer einem verständnislosen Blick und dem Satz "Aha, auch Frühstyxradio-Fan ?" erfolgt keine Reaktion, von einem Erkennen ganz zu schweigen. (Wohlgemerkt prangt mein Name weithin sichtbar auf dem Ausstellerausweis.) Obwohl ich von diesem bisher mutigsten Versuch, mich einfach zu ignorieren, durchaus beeindruckt bin, kenne ich keine Gnade und stelle mich leicht irritiert nochmal ausdrücklich vor. Nun gibt es kein Entrinnen mehr und Heiner tut so, als freue er sich, mich zu sehen. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei seinem leicht überdrehten Kollegen um Vittorio Ferrari, den Programmierer von "Sixth Sense". Leider hat es auch bis zum Messetermin nicht mit der endgültigen Fertigstellung des Adventures geklappt. Dennoch kann man hier zu Messepreisen zuschlagen - und das Spiel vorbestellen. Erhältlich sind hingegen zahlreiche andere Epic-Produkte, wie z.B. das Multimedia-Lexikon. Außerdem verscherbeln die Briten auch die Oktober-Ausgabe der C'U, auf der sich exklusiv die vor Jahren von Ocean Software nicht mehr fertiggestellte Flugsimulation "T.F.X." befindet. Von "Sixth Sense" läuft lediglich eine Betaversion, die zwar schon weitgehend der Endfassung entsprechen soll, aber nach wie vor noch einige Fehler enthält. Multitaskingfähig wird sie aber nicht mehr gemacht werden, wie mir Vittorio mitteilt. Das reicht - entsetzt verlasse ich den Stand.

Inzwischen rückt 18.00 Uhr näher und wir überlegen, womit wir den Abend verbringen sollen. Offensichtlich scheint das Geld auch nicht mehr für die früher üblichen Aussteller-Empfänge zu reichen, so daß das kostenlose Kölsch-Saufen als kulturelle Option schon einmal wegfällt. Allerdings soll um 19.00 Uhr eine "Developer's Conference" stattfinden. Nach kurzer Debatte entscheiden wir, daß wir uns nicht unbedingt die altbekannten Durchhalteparolen von Petro Tyschtschenko anhören müssen, und verzichten schweren Herzens auf die Teilnahme an dieser wichtigen Veranstaltung für wichtige Menschen. Wie sich später herausstellen wird, präsentieren die AI-Manager aber zur allgemeinen Überraschung wirklich bahnbrechende Neuigkeiten. Und zwar verbreitet diesmal nicht nur der ewig schlecht frisierte Tyschtschenko die Mär von der güldenen Zukunft ("Zu dieser Zeit [zur Computer '96] war ich bereits davon überzeugt, daß wir ein Comeback schaffen würden und das ist Grund, warum ich heute hier bin. Ich bin der lebende Beweis."), sondern überläßt das weitgehend Amiga Inc.-Chef Jeff Schindler. Der soll dabei jedoch sogar einen recht guten Eindruck machen. Die anwesenden Besucher verstehen seine Äußerungen so, daß man bei Amiga Inc. plant, möglicherweise in Zukunft gar keine Amigas mehr selbst zu produzieren, sondern nur noch das AmigaOS weiterzuentwickeln und die Entwicklung der Hardware entweder selbst zu steuern oder zu kontrollieren und zu überwachen. Dabei plane man, das AmigaOS möglicherweise zu einem portablen Betriebssystem umzufunktionieren, das sich dann auch, ähnlich wie "Windows" (95/NT/CE) auf verschiedenen Rechnerebenen partiell unterschiedlich darstellen würde. Außerdem konnte man einige berühmte Personen der Amiga-Geschichte zwar (noch ?) nicht zur Rückkehr in "die Firma" überreden, aber immerhin als Berater gewinnen: Carl Sassenrath, RJ Mical, Dale Luck, Ed Hepler und Andy Finkel. Über das für Frühjahr geplante AmigaOS 3.5 herrscht anscheinend immer noch Verwirrung bei Amiga International und Inc. - nachdem Tyschtschenko in der Vergangenheit entgegen anderen Aussagen aus den Reihen von Amiga Inc. verkündet hatte, AmigaOS 3.5 werde auch ein ROM-Update erforderlich machen, bringt die DevCon keine genauen Erkenntnisse. Während z.B. bei "Merapi"-Entwickler Jeroem Vermeulen der Eindruck entsteht, Kickstart 3.5 "may or may not include new ROM", steht für die "AmigaPlus" fest: "Es wird ein reines Software-Produkt sein und mit bestehendem 3.1-Kickstart-ROM arbeiten." Weniger erfreulich ist aber jedenfalls die Nachricht, daß man sich nach wie vor nicht auf einen Prozessor für künftige Rechnergenerationen festgelegt hat. Und was macht man, wenn man nicht weiß, wie's weitergehen soll ? Man startet eine Umfrage. Die anwesenden Entwickler bekommen einen vierseitigen Fragebogen ausgehändigt, auf dem unter anderem ihre Ansichten über möglicherweise zu unterstützende Hardware (PCI, MPEG II, Ethernet, PC-Tastatur, HD-Floppy, DVD. SVGA. USB,..) und zu Features, die in eventuellen zukünftigen Versionen des Amiga-Betriebssystems möglicherweise unterstützt werden sollten (QuickTime, TCP-IP-Stack, Java, Speicherschutz, OpenGL, virtueller Speicher,...). Die wichtigste Frage, die dementsprechend auch den meinungsbildenden Teil des Fragebogens einleitet, betrifft jedoch den Prozessor, den man gerne in kommenden Amiga-Generationen Daten schauffeln sehen möchte. Als mögliche Optionen führt Amiga Inc. in einer bunten Mischung bereits bestehender und noch in der Entwicklung befindlicher Mikrochips die 68k-Reihe von Motorola, diverse PowerPCs, den MCORE, Suns MicroJava, den Merced, die x86-Familie von Intel, den MIPS, den Alpha und den StrongARM auf - und läßt, als wäre es damit nicht genug, sogar noch Platz für eigene Vorschläge. Am Ende entscheidet sich die Mehrheit der Entwickler für den PowerPC. Auf den Rängen landen der Alpha von DEC und die Intel-Chips. Da wir uns gegen die Teilnahme an diesem Paradebeispiel unternehmerischer Entscheidungskraft entscheiden, brechen wir zum Hotel Weber auf, in dem auch der Rest der APC&TCP-Crew (sowie, wie sich später herausstellt, auch die Leute vom Epic- und vom Titan-Team) Quartier bezogen hat. Dankenswerterweise hat sich Daniela bereit erklärt, Rafael und mich in ihrem mit dem hünenhaften Helge ohnehin schon gut gefüllten Kleinwagen mitzunehmen. Gemeinsam gelingt es uns, die richtige Abfahrt zu verfehlen und so haben wir das große Vergnügen, eine halbe Stunde orientierungslos durch Köln zu fahren. Bevor es zu ersten gewalttätigen Eruptionen des sich aufgrund der räumlichen Enge anbahnenden Gruppenstresses kommt, erreichen wir die Jahnstraße. Da wir alle inzwischen wieder durchaus hungrig sind, machen wir uns nach einer kurzen Erholungspause auf die Suche nach einem Lokal, das unseren gehobenen Ansprüchen gerecht wird. Zufälligerweise befindet sich ein solches direkt neben dem Hotel Weber. Daß mal ein indisches Restaurant in der Kölner Südstadt nach ihm benannt werden würde, hat sich Mohandas Karamtschand "Mahatma" Gandhi wohl auch nicht träumen lassen. Wenngleich sich die Betreiber dieser Skurillität natürlich - schon aus Platzgründen - auf die Verwendung seines Nachnamens beschränkt haben. Nachdem jeder ein ziemlich ekelhaft schmeckendes Teiggebäck als Vorspeise und ein leckeres Irgendwas mit Currygeschmack als Hauptgang verzehrt hat, machen sich die meisten auf den Weg zum Matrazenhorchdienst, um am Messesamstag ausgeruht auf der Matte stehen zu können. Nicht so Rafael, Gerd und ich. In der festen Absicht, das Kölner Nachtleben zu genießen - oder zumindest noch ein Bier hinter die Binde kippen zu können - stiefeln wir durch die Umgebung des Hotels. Doch die einzige Kneipe, die so aussieht, als gäbe es dort nicht nur Cocktails mit bunten Schirmchen, genügt nicht Gerds Standards. Das hält Rafael und mich aber nicht ab, "Bei Karin" eine Chance zu geben - und sei es nur wegen des sympathischen Namens, der schöne Assoziationen zur Schankwirtschaft "Bei Gertrud" weckt. Und tatsächlich - im Inneren trieft die Kneipe nur so vor Kölscher Gemütlichkeit. Schmiedeeiserne Deckenlampen, holzgeschnitzte Möbel, blauweißkarierte Tischdecken und aus dem Radio deutscher Schlager - begeistert lassen wir uns nieder und ordern unser Bier. Bei der Gelegenheit begeht Rafael den Fehler, die Kellnerin (und Barkeeperin) nach der Straßenbahnverbindung zur Messe zu fragen. Da sie nicht weiter weiß, fragt sie die einzigen Gäste von "Karin", eine Handvoll bereits deutlich angetrunkener Mitbürger, die am Tresen stehen und irgendein obskures Würfelspiel spielen. Sofort beginnt eine heftige Debatte über die "5", die "11" und die Erreichbarkeit der Messehallen im allgemeinen. Während Rafael geistesgegenwärtig genug ist, sich schnell dorthin zu verziehen, wohin einem normalerweise niemand folgt, bleibe ich träge an unserem Tisch sitzen und schlürfe genüßlich mein Kölsch. Ein fataler Fehler. Plötzlich taucht eine der Spielerinnen vor mir auf - schon jenseits der fünfzig und stark angeheitert. Umständlich erklärt sie mir ungefähr ein halbes Dutzend Straßenbahnverbindungen, die mich zur Messe führen würden. Als ich mich lächelnd bedanke, scheint sie das mißzuverstehen und erklärt mir alles nochmal. Ich danke Gott, als Rafael wieder da ist und sie für einen Moment abgelenkt ist. Wir leeren unsere Gläser und flüchten.

Samstag. Sieben Uhr. Samstag ! Sieben Uhr ! Wir wollen schon um acht Uhr am Stand sein. Bzw. müssen es wollen. Da heißt es, früh aus den Federn zu schlüpfen. Völlig verschlafen mache ich mich (selbstverständlich als letzter der Gruppe) auf den Weg zum (im Übernachtungspreis inbegriffenen) Frühstück. Ich betrete den Saal. Allgemeines Gelächter. Irrtiert blicke ich an mir herunter. Sollte ich mal wieder die Schuhe verkehrt herum angezogen oder die Hose ganz vergessen haben ? Nein. Es sind nur die vom Duschen noch nassen Haare. Frechheit ! Da wäscht man sich einmal im Jahr und es ist wieder nicht recht. Frustriert stopfe ich die zwei Brötchen in mich rein, während die anderen gutgelaunt dem Magerl Potenzprobleme anhängen wollen. Viele Dementis später brechen wir dann auf. Das heißt - die anderen brechen auf. Rafael und ich machen uns zunächst einmal per pedes auf den Weg in Richtung Hauptbahnhof. Köln am Samstagmorgen erweist sich als nicht sonderlich belebter als es Cölbe um diese Uhrzeit ist. Mangels landwirtschaftlicher Nutzbetriebe ist vielleicht sogar noch weniger los. Uns ist es nur recht, denn so erreichen wir schneller unser Ziel, an dem wir ein paar Einkäufe tätigen (und dabei natürlich die Hälfte vergessen). Der von den dreißig Minuten Fußmarsch völlig erledigte Rafael zwingt mich nun, eine Viertelstunde auf die S-Bahn zu warten, die uns dann in einem gewaltigen Umweg über den Kölner Neumarkt nach nochmal zehn Minuten Fahrzeit zum Messegelände bringt - nur um sich den Kilometer Fußweg über die Rheinbrücke nach Deutz zu sparen. Leider bin ich zu erschöpft, um energisch zu widersprechen.

Unsere kleine Odysee erweist sich in Messehalle 11 angekommen als unverhoffter Vorteil, haben wir uns doch so geschickt um den (Wieder)Aufbau des Messestandes drücken können. Wir haben es gerade noch rechtzeitig geschafft, um die Öffnung der Halle mitzubekommen - was auch in diesem Jahr ein beeindruckendes Erlebnis ist, wenngleich diesmal keine Tür zerdrückt wird. Schade. Äh. Zum Glück. Jetzt heißt es erstmal, die eigene Anwesenheit zu rechtfertigen. Ich stelle mich hinter den Tresen und versuche, harmlos auszusehen. Das scheint mir auch zu gelingen, denn es gibt einiges zu tun. Nach wie vor verkaufen sich vor allem die "Flyin' High"-Datendisk, "Brain Damage" und "Shadow Of The Third Moon" exzellent. Erfreulicherweise gibt es aber auch noch einige Messebesucher, die sich für meine Polit-Simulation (WERBUNG, WERBUNG, WERBUNG !) "1990" interessieren. Einen überzeuge ich, das Spiel selbst und zusätzlich auch noch die Datendisk zu nehmen. Als er mich dann noch bittet, die Spieleschachtel mit einem Autogramm zu versehen, falle ich vor Begeisterung tot um. Doch der Messetrubel erweckt mich (zur allgemeinen Enttäuschung) wieder zum Leben. Dennoch habe ich das Gefühl, gar nicht da zu sein. Immer, wenn jemand mich etwas fragt und ich gerade zu einer äußerst kompetenten, äußerst präzise formulierten und äußerst hilfreichen Antwort ansetze, fällt mir Rafael ins Wort. Frustriert sinne ich auf eine Gelegenheit zur Rache - und die kommt dann auch tatsächlich, als Rafael mit der Beantwortung einer an ihn gerichteten Frage eine Sekunde zu lange zögert. Blitzschnell übernehme ich. Rafael taumelt verwirrt und sichtbar getroffen zurück.

Wie immer ist der Samstag der am stärksten besuchte Tag der Messe. Das merkt man auch heute wieder an den proppevollen Gängen - wobei sich das Gedränge in der doch etwas abgelegenen APC&TCP-Ecke noch in Grenzen hält. Traditionellerweise dient der Messesamstag auch als Tag der Kontakte und Treffen. Zunächst einmal erscheinen zwei weitere Standmitarbeiter. Markus Pöllmann, der zu Recht gefeierte Programmierer des Spiels "Flyin' High", kommt geradewegs aus dem tiefsten Bayern. Und Bernd "Diesel" Künnen hat natürlich wieder seine berühmt-berüchtigten "ParNet"-Kabel dabei, die er zu 25 Mark pro Stück unter die Leute bringt. Irgendwie muß man ja seine akademische Laufbahn finanzieren. In seinem Kielwasser treffen auch Jürgen "Invisible Power" Träger, Guido "Wonko the Sane" Wegener und natürlich Rainer "Murphy" Gellrich ein. Doch während sich das Trio Infernale erstmal ins Messegetümmel stürzt, müssen wir uns um die nach wie vor rege Nachfrage kümmern. Dabei tauchen allerdings auch ab und an ein paar interessante Amiga-Freaks auf - wie die Gruppe in scheinbar selbstgestalteten T-Shirts mit dem Aufdruck "Männer, die durchs Feuer gehen". Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um den Amiga-User-Club-Hof, was in dieser (offiziellen) Zusammensetzung ein reichlich ungeschickter Name für einen Computerclub ist. Überhaut scheint das sprachliche Defizit bei diesem Club noch stärker ausgeprägt zu sein als es etwa beim notorisch rechtschreib- und grammatikschwachen APC&TCP der Fall ist. So kündet das Club-Informationsblatt, das die Gruppe jedem in die Hand drückt, der sich dafür interessiert, von "Clubtreffen, in denen auch bekannte Amigagrößen aus der Amiga-Welt kommen". Obwohl ich angesichts dieser Verheißung darüber nachgrübele, ob der Club nicht vielleicht doch anderen, weniger jugendfreien Tätigkeiten nachgeht, drücke ich dem scheinbaren Anführer der Gruppe ein Werbeexemplar des "AmigaGadget"s in die Hand und enthalte tatsächlich eine Diskette als Gegengabe zurück. Auf ihr befindet sich die Oktoberausgabe der Clubdisk (im HTML-Format), die wirklich sehr gut gelungen ist. Während die Clubmitglieder nun von der Masse davongespült werden, winkt mir plötzlich ein weiterer Messebesucher zu und begrüßt mich mit den Worten "Hallo, ich bin's." Das ist nun nicht sonderlich präzise, so daß es erst eines weiteren Hinweises bedarf, um den guten Menschen als Sebastian Brylka, den Herausgeber des sehr lesenswerten HTML-Magazins "FunTime" zu identifizieren. Nach ein paar kurzen Worten verschwindet er leider auch schon wieder, ohne später noch einmal wiederzukommen. Aber auch so wird einem nicht langweilig, da sich die Zeiger der Uhr unbarmherzig auf zwölf Uhr fortbewegen - Zeit für ein Usertreffen des APC&TCP. Doch das scheint bei den Clubmitgliedern irgendwie nicht richtig angekommen zu sein. Denn obwohl sich während der letzten Stunden immer mal wieder Messebesucher als Mitglieder des APC&TCP geoutet hatten, kann ich um 12.00 Uhr keine in ihrem Umfang über das für diese Zeit gewöhnliche Maß hinausgehende Menschenansammlung ausmachen. Nur mühsam kann ich ein schadenfrohes Grinsen unterdrücken - die sollen mal sehen, was hier um 14.00 Uhr los ist, wenn das "Gadget"-Treffen steigt !

Währenddessen sind schon wieder neue Freaks eingetroffen. Da ist einmal Sven "Indy" Drieling, der eine gute Ausrede im Gepäck hat, um angesichts der blamablen Vorstellung vom Vorjahr nicht zum "Gadget"-Treffen zu müssen. Angeblich sollen (oder wollen) sich die AMIGA.GER-User zur gleichen Zeit am A.C.T. (Albrecht Computer-Technik)-Stand treffen. Die Spalter. Zum anderen hat sich nun auch Igor Vucinic blicken lassen, seines Zeichens freier Mitarbeiter des "Amiga-Magazin"s und verantwortlich für das Konzept hinter "Flyin' High". Obwohl er mir nicht verrät, warum er dieses bis heute nicht aus seinem Versteck geholt hat, unterhalten wir uns kurz über das Autorennspiel im allgemeinen und die "Gadget"-Kritik im besonderen. Dabei brauche ich ihm gar kein Gratis-"Gadget" aufzunötigen, da er den Testbericht erstaunlicherweise sogar schon gelesen hat - oder nur geistesgegenwärtig genug ist, das zu behaupten. Und dann ist es schon 14.00 Uhr. Doch entgegen der allgemeinen Erwartung drängen sich keine Hundertschaften hysterischer "Gadget"-Fans um den APC&TCP-Stand. Schuld ist vermutlich eine weltweite Verschwörung. Oder Außerirdische. Statt dessen sind die Macher des von mir im letzten "Gadget" getesteten "Star Trek Quiz" da - Martin Schulz und Martin Mittelbach. Die vollständige Blamage wird von Murphy und Heiner verhindert, die sich dann doch noch zu uns gesellen, so daß zumindest rein formal betrachtet nur ein "Gadget"-Leser weniger da war als beim ähnlich spektakulären Treffen im Vorjahr. Bleibt es bei dieser Schrumpfungsrate, so stehen den "Gadget"-Treffen der nächsten vier Jahre keine Hindernisse im Weg. Ich beschließe also, das ganze einfach als Erfolg anzusehen, und beginne zu verstehen, wie es Petro Tyschtschenko auch nach drei Jahren fortwährendem Konkurs noch gelingt, scheinbar Optimismus zu verbreiten. Nachdem ich die beiden Martins scharfsinnigerweise als Michaels vorgestellt habe (Wie schrieb Martin Schulz so schön treffend in der Anleitung zum "Star Trek Quiz" ? "Peinlichkeit kennt keine Grenzen."), machen wir uns auf den Weg zum Epic-Stand, um einen genaueren Blick auf "Sixth Sense" zu werfen. Um Heiner eine Freude zu machen, tun wir so, als wären wir schwer beeindruckt. Das sieht natürlich auch der hinter dem Tresen hin- und herflitzende Programmierer und so gesellt er sich zu uns. Ich nutze die Gelegenheit, um Vittorio auf einige Schwächen des Spieles, insbesondere auf die fehlende Multitaskingfähigkeit, anzusprechen, was seine Begeisterung für uns doch merklich abkühlen läßt. Nachdem ich mit ihm noch einige weitere Fach- und Sachargumente gewechselt habe ("Does it multitask ?" "No." "Why doesn't it multitask." "I had no time." "But it should multitask." "Gnnnrr...") und auch im kleinen "Gadget"-Zirkel alles wesentliche besprochen wurde ("Schönes Spiel, dieses `Sixth Sense'." "Ja, aber mit Multitasking wäre es schöner."), senke ich meine Action-Pumpgun und löse die Versammlung auf. Nein, diesmal nicht in Salzsäure.

Nachdem ich noch ein wenig am Stand ausgeholfen habe, mache ich mich dann in der inzwischen wieder etwas leereren Halle auf einen erneuten Rundgang. Dabei erspare ich mir eine genauere Betrachtung des relativ großen, aber auch relativ langweiligen Internet-Cafés auf der anderen Hallenseite. Gleiches gilt für den Seminarraum, der sich direkt neben dieser Ansammlung von Rechnern mit WWW-Browsern befindet und in dem während der gesamten drei Messetage u.a. Seminare zu Angela Schmidts CD-Brennersoftware "MakeCD", zur PowerPC-Programmierung von Haage&Partner und zur Amiga-Emulator-CD-ROM "Amiga Forever" aus dem Hause Cloanto stattfinden. Mir erscheinen da die Hardware-Neuigkeiten für den Amiga-Markt, die an so manchen Ständen bewundert werden können, weitaus interessanter. Das beginnt mit dem Turbokarten ("Apollo")-Hersteller ACT (diesmal Electronic und nicht Computer-Technik). An dessen verhältnismäßig schwach besuchtem Stand gibt es die Fortsetzung im phonetischen Verwirrspiel um A\Box und O/Box zu bewundern - die e/Box. Dahinter steckt jedoch kein eigenständiger Rechner, sondern nur ein sehr großzügig dimensioniertes (um nicht zu sagen: fettes) Towergehäuse, das u.a. dafür ausgelegt ist, Zorro III-Boards von Micronik aufzunehmen. Bei phase 5 gibt es natürlich vor allem PowerPC-Amigas in Aktion zu bewundern - und einen vereinzelten Mac mit phase 5-Beschleunigerkarte. Den Großteil des Standes nimmt eine große Präsentationsbühne mit zahlreichen Zuschauerplätzen ein. Allerdings scheint dort nichts anderes präsentiert zu werden, als die PowerPC-Version der Grafikmanipulationssoftware "Wildfire", was mich nicht sonderlich interessiert. Die eigentliche Messe-Sensation, oder zumindest das, was von den Amiga-Medien und Amiga International als solche ausgerufen wurde, gibt es ja ohnehin am Stand von AI höchstselbst zu bewundern. Dort stellen die in Oberhausen ansässigen Hardware-Tüftler DCE Computer Service den A 5000 als Unteraussteller vor. Dahinter verbirgt sich ein in Lizenz gefertigtes neues Amiga-Modell, das auf dem Mainboard direkt einen mit 50 MHz getakteten 68030 mit MMU haben wird (gerüchteweise ist zu hören, daß alternativ eine Ausstattung mit einem 68040/40 ab Werk geplant sein soll). Die Grafikdarstellung wird vom AGA-Chipset übernommen und als Betriebssystem kommt Kickstart 3.1 zum Einsatz (im offiziellen Werbeflyer heißt es zwar "Kickstart 3.01", aber das ist wohl ein Druckfehler - allemal lesenswert sind auch die dort festgehaltenen Spezifikationen: "komplett offen fur zukunftige Erweiterungen", "ATX comfort towergehause",..). Der A 5000 wird mit einer 1,7 GByte großen Festplatte, einem schnellen CD-ROM-Laufwerk, einem standardmäßigen Scandoubler und vier Zorro II-Steckplätzen ausgestattet sein. Wem das alles ein bißchen veraltet erscheint, wir mit Freuden feststellen, daß man in alter Amiga-Tradition (und entgegen einer anderslautenden Meldung in der "AmigaPlus") standardmäßig ein DD-Diskettenlaufwerk vorgesehen und dem A 5000 ganze 2 SIMM-Sockel spendiert hat. Dabei ist es natürlich auch nicht möglich, einfach zwei 128er- oder gar 256er-SIMMs zu verwenden - vielmehr paßt in einen Sockel maximal ein 32 MByte-SIMM. Lediglich die Möglichkeit, alternativ zur Amiga-Tastatur eine Standard-PC-Tastatur zu verwenden, ein 4-fach-IDE-Adapter und die durch den Scandoubler erzielte Kompatibilität zu VGA-Monitoren mögen den Gesamteindruck, der doch ernste Hoffnungen auf die Rückkehr der liebgewonnen Produktpolitik, wie sie zu Commodore-Zeiten so überaus erfolgreich betrieben wurde, zu wecken vermochte, leicht zu trüben. Als ich dem zuständigen Standmitarbeiter diesbezüglich ein paar Fragen stellen möchte, ignoriert er mich erst minutenlang, um dann barsch ein paar kurzatmige Allgemeinplätze von sich zu geben. Wenn das ein Vorgeschmack auf den ebenfalls im Hause DCE entwickelten A 6000 sein soll, dann steht dem Siegeszug des Amigas nun wirklich gar nichts mehr entgegen. Denn immerhin wird dieser Rechner, der nach Herstellerangaben schon im Frühjahr 1998 erhältlich sein soll, über so sensationelle technische Merkmale wie einen 68060/50 onBoard und einen optionalen SCSI-Controller verfügen. Preise standen im übrigen für beide Rechner noch nicht fest - was bis zur Integrierung der PowerPC-Technologie wohl auch besser so bleiben sollte...

Anders der (Unteraussteller)Nachbar Index Information. Die Firma mit dem eigentümlichen Namen präsentiert hier in Köln den "Access", eine kompakte Mini-Amiga-Version, die technisch einem A 1200 ähnelt. Doch die Briten beabsichtigen ganz bewußt nicht die Entwicklung eines neuen Amigas für den Consumer-Bereich. Der "Access" soll vielmehr zu Lern- und Informationszwecken als Mini-Multimedia-Station zum Einsatz kommen. Für Technikfreaks ist da sicher auch die daneben ausgestellte Platine mit dem schönen Namen "BoXeR" interessant - die Weiterentwicklung der von Index Information für den "Access" völlig neu gestaltete Hauptplatine für kleine Amiga-Rechner. Dabei wurden nur die zentralen Amiga-Customchips übernommen, einfacher konstruierte (und unbekanntere) wie Gayle, Budgie und Gary wurden durch Eigenentwicklungen ersetzt, was nach Angaben von Index u.a. eine dreißigprozentige Geschwindigkeitssteigerung beim Zugriff auf Chip-RAM möglich machte. Für die "BoXeR"-Platine setzt man zusätzlich auf 68040- und auf (bis zu 75 MHz getaktete) 68060-Prozessoren. Außerdem befinden sich auf dem "BoXeR"-Board vier Zorro-III-Slots, zwei ISA-Slots und ein Video-Steckplatz. Von einem weiteren AI-Unteraussteller, der ebenfalls aus England stammenden Firma HiQ stammt das ehemals als "Siamese" bekannte RTG-System. Bei dieser trickreichen Hardware erfolgt die Grafikausgabe eines Amigas (in dem Vorführungsfall eines A 4000) direkt über die Grafikkarte eines Intel-PCs. Das hat den Vorteil, daß man so die Fähigkeiten der weitaus preisgünstigeren PC-Grafikkarte nutzen kann, ohne amigaseitig eine solche besitzen zu müssen. Wirkt ganz beeindruckend, dürfte jedoch nur für Leute interessant sein, die ohnehin schon einen aufgemotzten PC zuhause stehen haben, oder die es sich leisten können, sich einen solchen als GraKa-Ersatz für den Amiga anzuschaffen. Nachdem ich nach sonstigen Sensationen am AI-Stand vergeblich gesucht habe und insbesondere keinerlei Anzeichen von Version 3.5 des AmigaOS ausmachen kann, schlendere ich langsam zurück Richtung APC&TCP. Dabei erhasche ich einen kurzen Blick auf den dicht umlagerten Micronik-Stand zu. Hier werden neben den Infinitiv-Amigas auch zahlreiche weitere intelligente Hardware-Lösungen, wie z.B. ein interner Scandoubler für den A 1200, angeboten, wobei das geniale oftmals im scheinbar nebensächlichen zu liegen scheint. Möglicherweise recht spektakulär könnte hier eine Entwicklung werden, die dem Amiga die große Welt der PCI-Hardware nutzbar machen soll. Inwieweit das aber tatsächlich schon funktioniert, war nicht zu erkennen.

Zurück am APC&TCP-Stand geht es munter weiter mit dem Informationsreigen. Hier treffe ich denjenigen Amiga-User, der Opfer eines kurzzeitigen Vereagleungsanfalls der Paderbornder Tower-Spezialisten RBM wurde (vgl. dazu Editorial "AmigaGadget"#31). Doch im Gegensatz zu Andreas Küster, dessen Erfahrungsbericht die Konkurrenz aus dem Hause Eagle auf die Palme gebracht hatte, scheint diesmal der Kritiker mit einem blauen Auge davonzukommen. Er verrät mir, daß RBM die Sache auf sich beruhen lassen will, so daß letzten Endes beide Seiten nur auf ihren Anwaltkosten sitzen bleiben. Für den Amiga-Sektor, bei dem das gegenseitige Ergreifen gerichtlicher Schritte immer mehr in Mode zu kommen scheint, ist das eine schon fast verdächtig vernünftige Entscheidung. Schön, daß RBM die Souveränität besitzt, kritische Stimmen nicht bis zur letzten Konsequenz unter Druck zu setzen - ein lobenswertes Verhalten der Paderborner Firma. Noch lobenswerter (und für beide Seiten billiger) wäre es aber natürlich gewesen, die Sache von Anfang an niedriger zu hängen. Oder den Kritiker wenigstens finanziell schadlos zu stellen. Doch auch so ist das eine gute Neuigkeit in den Augen eines Beobachters, der wie ich sowohl gerne weiterhin kritische Berichte im Internet lesen als auch die sehr brauchbaren Produkte aus dem Hause RBM nutzen will. Da die Gänge jetzt wieder deutlich leerer sind, schlendere ich nach diesem erfreulichen Gespräch erneut durch die Halle. Bei Oberland Computer läuft wie im Vorjahr eine beeindruckende Videopräsentation des hauseigenen Raytracers "Reflections" - ob man allerdings dem unter dem Monitor angebrachten "Powered By Amiga"-Schild angesichts der Verfügbarkeit einer leistungsfähigeren PC-Version Glauben schenken soll, sei einmal dahingestellt. Nicht auf die Standregale gestellt findet sich jedenfalls die eigentlich auch für Köln angekündigte Amiga-PowerPC-Version von "Reflections". Ich schlendere, nur noch leicht desillusioniert, weiter. Auffällig ist in diesem Jahr die verstärkte Präsenz spezieller "Erwachsenen"-Bereiche - also durch Vorhänge den Blicken der vorbeiziehenden Massen entzogene Stände, an denen man nicht jugendfreie Software erwerben kann. Mit anderen Worten: Schweinkram. Absolut seriös geht es jedoch bei Cross Computer zu, die einen der größten Verkaufsstände der Messe haben und die ihre auffälligen Plastiktüten in gewaltigen Stückzahlen unters Messevolk bringen. Allerdings liegt der Schwerpunkt im Angebot der Dortmunder, wie bei vielen der Händler, eindeutig im PC-Bereich. Anders bei Cornelia Figge. Der Messestand der Essener Computerhändlerin ist aber nicht nur wegen des reichhaltigen Amiga-Angebotes (und der günstigen Preise) eine Erwähnung wert. Für Frau Figge (Germanistik-Studenten werden sicherlich die Alliteration bemerkt haben), die sich im übrigen als sehr freundliche und gewitzte Person erweist, arbeiten keinen anonymen Angestellten, sondern ihre versammelte Familie - vom wirklich kleinen Junior bis zu den vielleicht gerade mal dem Teenageralter entwachsenen Töchtern. Was tut man nicht alles, um die Kosten niedrig zu halten. Und vor allem: warum ist Andreas Magerl noch nicht auf die Idee gekommen ? Oder sollte doch was dran sein an den Potenzproblemen ? Wer weiß... Vielleicht schenke ich ihm mal was von den vielen Sachen, die ich hier hinter zugezogenen Vorhängen entstanden habe...

Nachdem ich an fast jedem Stand, an dem es Computerzubehör zu kaufen gab, erfolglos nach einem Lüftergitter für meinen TowerHawk, bei dem ein solches fehlte, gefragt habe, statte ich auch noch RBM einen Kurzbesuch ab. Der Standmitarbeiter ist sehr freundlich und verspricht, mir ein entsprechendes Bauteil zukommen zu lassen. (Was bis jetzt noch nicht geschehen ist, aber immerhin liegt die Messe auch erst ein paar Tage zurück.) An Neuigkeiten gibt es am RBM-Stand die neue Version 2 des sehr guten Newsreaders "FFNews" zu bewundern - sowie Version 4 der hauseigenen Scannersoftware "ScanQuix". Hinter der angekündigten Erweiterung des Programmes um ein besonderes Feature verbarg sich leider nicht die Implementierung von OCR-Fähigkeiten, mit der nach Aussagen RBMs wohl auch für die nächste Zukunft nicht gerechnet werden kann. Dafür verfügt "ScanQuix" nun über einen Kalibrierungsmodus, der den Scanner auf den Drucker dermaßen einstellt, daß Ausdrucke exakt so aussehen wie das eingescannte Original. Oder zumindest fast. Leider hat es, wer hätte das gedacht ?, mit der Fertigstellung zur "Computer '97" nicht mehr geklappt - das Programm soll aber ab Januar nächsten Jahres erhältlich sein. Da es inzwischen schon halb sechs ist und es am APC&TCP-Stand nichts mehr zu tun gibt, marschiere ich gleich weiter zu Ossowskis Schatztruhe. Auch dort kann bei weitem nicht alles gehalten werden, was eigentlich angekündigt war. Das beginnt relativ harmlos bei der Gratis-CD, die die Ossowski-Crew eigentlich jedem Käufer spendieren (und dadurch gleichzeitig lästige Lagerbestände preiswert abbauen) wollte. Der Grund prangt in mehrfacher Kopie für jeden sichtbar direkt neben den zahlreichen Preislisten des Essener Softwarespezialisten - ein "Verein gegen das Unwesen" hat Ossowski eine entsprechende Abmahnung ins Haus geschickt. Aber auch richtige Produkte sind ausgefallen - bBesonders bitter ist dabei, daß das Spiel, das schon als neues Amiga-Referenzprodukt auserkoren war, nicht erhältlich ist - "Myst". Gerüchten zufolge hat die Softwarefirma "clickBOOM!", die das grafisch aufwenige Adventure auf den Amiga portiert hat, Lizenzprobleme. Als neuer Erscheinungstermin wird der 12. Dezember gehandelt. Nun doch etwas frustriert wende ich mich gerade zum Gehen, als ich von einem Messebesucher angesprochen werde. Wie sich herausstellt ist es Christian Keller, der Herausgeber des "StarMags". Er war so verrückt, von Süddeutschland aus mit dem Wochenendticket anzureisen. Ich muß immer noch laut lachen, als wir uns ein paar Minuten später voneinander verabschieden.

Inzwischen ist es dann auch 18.00 Uhr geworden. Wie immer zu Messeschluß tönt es bedrohlich aus den Lautsprechern, daß alle Besucher gefälligst zu gehen haben und Aussteller, die ihre Ausweise nicht deutlich sichtbar tragen, ohne Vorwarnung erschossen werden. Oder so ähnlich. In unserem Gang patrouillieren jedenfalls zwei Rausschmeißer, auf deren schwarzen Overalls in großen, durchaus nicht freundlichen und schon gar nicht beruhigenden Lettern das Wort "Security" prangt. Schon bald haben sie Guido, Rainer und Jürgen erspäht, die hier noch warten wollen, bis wir fertig sind. Glücklicherweise handelt es sich beim Wachpersonal um einen Langhaarigen und eine Frau - niemand nimmt sie daher allzu ernst. Dennoch machen sich die drei Nicht-Aussteller dann vom Acker. Wir haben ohnehin beschlossen, daß Diesel uns die drei vom Leib hält, während wir gemeinsam zu Abend essen. Man ist ja solidarisch. Mit sich. Als alle Waren sicher verschlossen sind, verlassen wir Halle 11. Wir alle ? Nein, der Chef höchstpersönlich hat noch irgendetwas zu erledigen, so daß wir im Foyer auf ihn warten müssen. Dort werden die letzten Vorbereitungen zu einer Art Presseball getroffen, der scheinbar auch jedes Jahr parallel zur "Computer"-Messe stattfindet. Das ganze ergibt einen reichlich peinlichen Anblick - hier wir standesgemäß gekleideten Computerfreaks mit Jute- und Plastiktaschen und da Bedienstete in albernen schwarz-weißen Livrees. Manche Leute haben halt einfach keinen Stil. Nachdem wir nun schon zehn Minuten auf Andreas Magerl gewartet haben, beschließe ich, einfach mal nachzusehen. Doch mein Versuch, erneut die Halle zu betreten, wird trotz deutlich sichtbarem Aussteller-Ausweis von einem sofort auf mich zustürzenden Messebediensteten gestoppt. "Da können Sie jetzt nicht mehr rein." "Aber ich will nur nachsehen, wo einer unser Leute bleibt." "Der kommt auch nicht schneller, wenn Sie nachsehen." Um die Erkenntnis bereichert, daß behördliche Arroganz offenbar nicht auf die öffentliche Verwaltung beschränkt ist, trotte ich mir den Kopf haltend zur Gruppe der wartenden APC&TCPler zurück. Auch Rafael, der fünf Minuten später einen weiteren Nachforschungsversuch startet, ergeht es im übrigen nicht besser. Drinbleiben darf man scheinbar, so lange man will. Nur nicht wieder rein, wenn man erstmal draußen ist. Klingt fast nach der Vertreibung aus dem Paradies.

Doch dann kommt endlich "der Chef" und wir kehren zu einem kleinen Zwischenstopp zum Hotel zurück. Da das gemeinsame Abendessen erst für acht Uhr vorgesehen ist, statten Rafael und ich "Bei Katrin" noch einen kurzen Besuch ab. Dort hat sich nichts verändert - selbst die Leute vom Vorabend stehen noch genau da, wo wir sie verlassen haben. Und die hilfsbereite Zecherin erkennt uns zu unserem Erschrecken wieder - beschränkt sich aber diesmal darauf, uns zu fragen, ob wir denn ihren Instruktionen gefolgt seien. Zum Glück ist ein Kölsch recht fix gezapft und so stürzen wir schnell drei Gläser des leckeren Weißbiers hinunter. Rechtzeitig um acht sind wir dann wieder im Hotel Weber. Hier gilt es, ein paar Neuankömmlinge zu begrüßen. Gerd Franks bessere Hälfte hat es nicht ohne ihn ausgehalten (behauptet zumindest er - vermutlich war es gerade umgekehrt) und stattet ihm gemeinsam mit einem befreundeten Paar einen Besuch fern der bayrischen Heimat ab. Die drei neuen fallen aber restauranttechnisch auch nicht mehr sonderlich ins Gewicht - denn uns schließen sich die im "Weber" einquartierten Mitarbeiter von Epic und Titan an. Im Troß ziehen wir zu einem angeblich in den Vorjahren bewährten Steak-House. Und wie es die Tradition befiehlt, lädt uns Andreas Magerl zu diesem Essen ein. Schon lange bin ich nicht mehr so satt geworden wie an diesem Abend. Auch das Tischgespräch entwickelt sich sehr kurzweilig. Ich sitze einem der englischen Epic-Leute gegenüber und allein schon der Versuch einer Kommunikation hält einiges realsatirische Potential bereit. (Wenngleich Rafael in dieser Hinsicht noch einen drauf setzen kann.) Als weitaus sprachtalentierter erweist sich aber Daniela und schon bald verspinnt sie den Epic-Mitarbeiter in ein angeregtes Gespräch. Als sie dann aber einige Zeit und einige Bierchen später äußert, daß sie eine Hexe sei, reicht es. Was wird das für ein Gelächter geben, wenn ich meinen Freunde vom Druidenzirkel von diesem Unfug erzähle ! Außerdem schmeckte das letzte Bier erheblich nach Spülwasser. Rafael und ich verabschieden uns also von der munteren Runde (Gerd ist mit seinen drei Bekannten schon früher verschwunden), worüber Andreas Magerl nur schwer seine Erleichterung verbergen kann. Schon zuvor hatte er bei jeder Bestellung Tränen in den Augen gehabt und liebevoll über sein Portemonnaie gestreichelt. Doch natürlich war es das noch nicht. Schnellen Schrittes eilen wir zur "Karin", wo man uns inzwischen wie vielleicht nicht unbedingt gute, aber doch alte Bekannte begrüßt. Und nachdem wir einige der Spezialitäten des Hauses (Bier, Bier und Bier) gekostet haben, öffnet sich die Tür der Schankwirtschaft und herein kommen Helge und Daniela (zu Fuß und ohne Flugbesen) zusammen mit zwei Titan-Leuten. Aus der nun erweiterten Runde verabschiedet sich Daniela nach einer halben Stunde. Und als das Gespräch sich so faszinierenden Themen wie der empfehlenswertesten Programmiersprache und Atari ST-Spielen zuwendet, verabschiede auch ich mich nach weiteren dreißig Minuten. Zurück bleiben vor allem die (etwas zu) munter debattierenden Helge und Rafael (schon mit leicht glasigem Blick) und die beiden eher stillen Titanen (das Wortspiel mußte ja kommen). Unterdessen ist es auch schon halb zwei - und damit Messesonntag. Zurück im Hotel hüpfe ich gleich ins Bett. Immerhin klingelt viereinhalb Stunden später schon der Wecker.

Doch fünf Minuten, bevor das passiert, bin ich schon von selbst wieder wach. Heute habe ich mir vorgenommen, nicht noch einmal der letzte am Frühstückstisch zu sein. Frisch geduscht und fit wie ein getragener Turnschuh (vermutlich auch ganz ähnlich riechend) betrete ich den Saal, der heute jedoch fast leer ist. Nur ein einsamer, aber glücklich grinsender Gerd Frank hockt vor seinem Kaffee und kaut genüßlich an seinem Brötchen. Als ich dann auch meinen Tee erhalten habe, öffnet sich ein weiteres Mal die Tür und herein tritt Helge mit den nicht ganz der realen Situation entsprechenden Worten "Oh. Ich bin ja der erste." Benommen wankt er an den Tisch, entdeckt uns, gibt irgendwelche Laute der Bergüßung von sich und schmeißt ein Aspirin ein. Preis des Alkohols. Nach und nach trudeln dann auch die restlichen Mitglieder der APC&TCP-Standmannschaft ein. Nur von Rafael sieht und hört man nichts. Gerd und Helge werden auf diverse Erkundigungsexpeditionen geschickt und berichten von einem verwilderten Urviech, das grunzende Töne von sich gibt und sich ständig an den Kopf faßt. Reinhold Messner hat recht - der Yeti lebt. Und er heißt Rafael. Nachdem auch Meister Biermann sich etliche Minuten später in einen äußeren Zustand versetzt hat, in dem sein öffentliches Auftreten keinen unmittelbaren Polizeieinsatz zur Folge haben wird, checken wir aus und machen uns ein letztes Mal auf den Weg zur Messe. Sofort nachdem die Hallen offiziell geöffnet haben, suche ich erneut den Schatztruhe-Stand auf, um ein CD-ROM-Überraschungspaket zu ergattern, das am Vortag schon verhältnismäßig früh ausverkauft gewesen war. Elf CD-ROMs für 29.90 DM will ich mir wirklich nicht entgehen lassen. Dreizehn Jahre in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem für ihre Großzügigkeit berühmten schwäbischen Völkchen hinterlassen nunmal ihre Spuren. Wie erwartet enthält das Bundle die traditionellen Restposten "Golden Games" und "Demos are forever". Daneben eine Aminet-CD-ROM (die ich natürlich prompt schon habe), die "Meeting Pearls"-Ausgaben 3 und 4 und einige weitere, seltenere CD-ROMs aus dem Hause Ossowski. Das Sahnehäubchen bildet wohl die "Personal Suite" von Cloanto, die neben der nicht mehr aktuellen Version 6.4 des inzwischen zum Referenzprodukt avancierten Malprogramms "Personal Paint" auch noch eine Datenbank ("Personal SBase") und eine Textverarbeitung ("Personal Write"), sowie eine beachtliche Menge an Daten (Bilder, Zeichensätze, Texte) enthält. Alles in allem ein guter Kauf - wo sonst bekommt man so viele extravagante Gläseruntersetzer zu einem solch fairen Preis ?

Da ich gerade beim "Shoppen" bin, werfe ich gleich auch noch einen Blick auf unserem Nachbarstand. Dort hat nämlich ein Apple-Händler sein Warenlager ausgebreitet - und da ich jetzt endlich ein System 7.5 erwerben und somit den "Shapeshifter" ernsthaft in Betrieb nehmen konnte, suche ich natürlich auch nach entsprechender Software für "meinen Mac". Auf diese Zielgruppe hat es im übrigen auch der Händler abgesehen, zumindest bezieht er den "Gestaltenwandler" von Christian Bauer ausdrücklich in seine marktschreierischen Anpreisungen mit ein. Doch leider beschränkt sich sein Sortiment auf das Arktis-Angebot. Und da ist nichts für mich dabei. Um mit diesen Schock in aller Ruhe fertig zu werden, schwinge ich mich wieder hinter den Tresen des APC&TCP-Standes. Da erscheint wenige Minuten später Besuch des Standnachbarn von der anderen Seite - Rainer Benda, der ehemalige Commodore-Mitarbeiter und Betreiber der "Black Zone"-Mailbox, arbeitet am Stand des "Amiga-Club im Btx". Nachdem Gerd und Andreas Magerl sich ein wenig mit ihm unterhalten haben, nötige ich Rainer ein "Gadget" auf und frage ihn nach dem Stand der Dinge im Fall der "Nazi-Fäschung". Vor einigen Monaten war in den Netzen ein gefälschter "Chip"-Artikel über rechtsradikale Mailboxen aufgetaucht, in dem ein Möchtegern-Scherzkeks die Namen der wirklichen Nazis durch diejenigen unbescholtener Computer-Freaks ersetzt hatte. Betroffen von dieser Verleumndung war hauptsächlich Rainer, dem durch die Vertauschung unterstellt wurde, Sysop einer rechtsradikalen Mailbox zu sein. Die Fälschung als solche flog zwar schnell auf. Dank der besonderen Rezeptionsweise in den Netzen, in denen regelmäßig erstmal jedes Gerücht als Fakt angesehen wird, bis der Betreffende sich bequemt, sich vielleicht doch lieber an Fakten zu orientieren (oder eben nicht), war der Schaden jedoch schon angerichtet. Noch Tage später wurde die Mär in diversen Betroffenheitsbekundungen ("Ich hätte das nie von Rainer gedacht...") wiedergekaut. Natürlich konnte Rainer deshalb die Lügenkampagne nicht auf sich sitzen lassen und hat versucht, den Verantwortlichen erst ausfindig und dann haftbar zu machen. Wie er in Köln erzählt, läuft die Sache nach wie vor und wird derzeit von der Staatsanwaltschaft Darmstadt nach München abgegeben. Dort hat Justitia ja "Erfahrung" mit Verleumndungen im Internet (vgl. "AmigaGadget"#29).

Obowohl die Halle sich zwar nun auch (für einen Messesonntag) recht anständig gefüllt hat, hält sich das Publikumsinteresse am aufgrund der guten Geschäfte der Vortage bereits empfindlich (um die "Flyin' High"-Datendisk und um "Pinball Brain Damage") geschrumpften Sortiment des APC&TCP doch eher in Grenzen. Da meine geradezu legendären Verkaufskünste ("Nein, die CD-ROM brauchen Sie wirklich nicht, wenn Sie schon die Aminet-Sets haben.", "Ein 68020er ist natürlich schon etwas langsam für das Spiel.") also nicht benötigt werden, begebe ich mich auf meinen letzten größeren Rundgang. Dabei führt mich mein Weg zunächst zum Stand von Eagle Computer Products - allerdings an den vom Rest deutlich abgetrennten Seitenteil. Dort wird "Linux" für Amiga vorgestellt - eine weitere Messepremiere, die keine wurde. Denn die Version des Unix-Ablegers, die Eagle auf den Markt bringen wollte, ist noch weit von der Marktreife entfernt. Der Standmitarbeiter berichtet, daß man Linux zwar inzwischen bereits zu 80-90 % portiert habe, nach wie vor jedoch sehr wichtige Funktionen fehlten. Dennoch gehe er davon aus, daß die Arbeit bis Ende 1997 zu einem Ende gekommen und die CD-ROM dann erhältlich sei. Das Ziel sei eine Linux-Version, die auch ohne Unix-Vorkenntnisse problemlos installiert und konfiguriert werden könne - so wie es bei den meisten PC-Linux-Distributionen (z.B. "S.U.S.E.") schon seit einiger Zeit der Fall ist. Ein Wermutstropfen dürfte dabei die zu Beginn noch nicht gewährleistete Unterstützung der "Picasso IV"-Grafikkarte sein - aber auch daran werde gearbeitet, so daß mit ihr für eine der späteren Versionen zu rechnen sei. Erfreulicherweise gibt es für den neugierigen Messebesucher jedoch trotz all dieser Widrigkeiten bereits zu diesem Zeitpunkt etwas vom Eagle-Linux zu sehen - erstaunlicherweise jedoch nicht auf einem Amiga, sondern auf einem PC. Dieser arbeitet aber nur als X11-Client, d.h. die Bildinformationen und die Rechenpower liefert ein mit dem PC verbundener Amiga - in dem in diesem Fall ein 68060er seine Arbeit verrichtet. Doch trotz dieser Konfiguration macht Linux nicht den flottesten Eindruck. Zwar wirkt die X11-Oberfläche professionell und scheint auch stabil zu funktionieren, die Grafikroutinen hinken den Benutzereingaben jedoch ein wenig hinterher. Man wird abwarten müssen, wie das in der Endversion aussieht. Als kleinen Gag zeigt mir der Eagle-Mitarbeiter auch noch den UAE, der gleichfalls auf dem PC läuft und diesen somit neben "Windows '95" und eben "Linux" um ein drittes OS erweitert. Da ich gerade beim Begutachten von Betriebssystemen bin, führt mich mein Weg fast zwangsläufig zum Stand von proDAD, wo einmal mehr die aktuelle pOS-Betaversion präsentiert wird. Der Standmitarbeiter, der mit Brille und zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen langen Haaren schon rein äußerlich wie ein wahrer Freak wirkt, erweist sich nicht nur als sehr kompetent sondern auch als sehr freundlich und engagiert, als er mir einige Fragen zu proDADs alternativem Multiplattform-Betriebssystem beantwortet. Technisch wird die Entwicklung von Software für pOS so ablaufen, daß man Programme nach der Ersetzung der Amiga-Einsprungsadressen durch pOS-Pendants von einem normalen Amiga-Compiler übersetzen lassen kann. Lediglich ein pOS-Startup-Modul muß dem Objektcode dann noch hinzugelinkt werden - ein genial einfaches Modell des Crosscompiling. Zwar würden nicht alle, aber doch die meisten AmigaOS-Funktionen direkt von pOS ersetzt werden können (z.B. BOOPSI sei bisher noch nicht implementiert), so daß man die meisten Amiga-Programme nach nur kurer Nachbearbeitungszeit durch entsprechende Compilierung pOS-tauglich machen könne. Allerdings würde so natürlich nicht das volle Leistungspotential des Betriebssystems genutzt; dazu müsse man schon gezielt pOS-spezifisch programmieren. Eine dieser speziellen Funktionen betrifft die Grafikdarstellung, insbesondere auf öffentlichen Bildschirmen wie der "Workbench". Hier sei es nicht mehr nötig, daß sich jeder Programmierer selbst seine Dither-Routine zusammenbastelt, um Grafiken der vorhandenen Palette anzupassen. Vielmehr gebe man einfach jeder Bitmap, respektive der pOS-Entsprechung dazu, eine spezielle Colormap mit und weise dann pOS an, die Bitmap auf den öffentlichen Bildschirm zu kopieren. Die Farbanpassung übernähmen dann hoch optimierte Betriebssystemfunktionen - wobei natürlich der Grundsatz gelte, daß es umso schneller gehe, je mehr Farben der Bildschirm zur Verfügung stelle. Er demonstriert mir das an einem Beispiel und es geht wirklich beeindruckend schnell. Wie schon im Vorjahr verlasse ich den proDAD-Stand in dem Bewußtsein, eine wirklich überzeugende Präsentation einer programmiertechnisch brillianten OS-Eigenentwicklung miterlebt zu haben. Bleibt nur die Frage, ob dieses Betriebssystem jemals eine wirkliche Chance in der realen Rechnerwelt bekommen wird.

Unzweifelhaft ist hingegen der Erfolg des genialistischen TCP/IP-Stacks "Miami" von Holger Kruse (Interview im "AmigaGadget"#29). Holger ist Unteraussteller am "Amiga International"-Stand und Ziel meiner nächsten Heimsuchung. Auch bei ihm hat es nicht ganz zur Vorstellung einer Messeneuheit gereicht. Doch wie er mir versichert befindet sich "Miami"-Version 3.0 kurz vor der Fertigstellung, Ende November/Anfang Dezember könne man mit ihrer Veröffentlichung rechnen. Da er in meinen Augen viel zu gut gelaunt erscheint, spreche ich ihn nochmal auf das im "Gadget"-Interview behandelte Thema des Weiterveräußerungsverbotes für "Miami"-Keyfiles an und weise ihn erneut darauf hin, daß solche Verbote mit geltendem Recht nicht zu vereinbaren sind. Als er dann zu argumentieren beginnt, daß auf die Lizenzverträge amerikanisches Recht anwendbar sei, zücke ich mein BGB und schlage ihn k.o. - da sage noch einer, das deutsche Recht wäre zu weich. In der wirklichen Welt schüttele ich ihm jedoch nur die Hand und verabschiede mich mit guten Wünschen für seine Zukunft. Direkt neben ihm hat während der vergangenen Tage immer Angela Schmidt das von ihr mitentwickelte "MakeCD" präsentiert. Doch da sie heute aus irgendeinem Grund unauffindbar ist und von einem Kollegen vertreten wird, kommt wenigstens sie um ein Gespräch mit mir herum. Glück gehabt. Am Haage&Partner-Stand streiche ich nur kurz vorbei und frage Jeroem Vermeulen nach dem Stand der Fertigstellung von "Merapi", der Java-Version für den Amiga, die man im Vorfeld ja zumindest insgeheim auch als Messeneuheit gehandelt hatte. Aber, der Leser (oder die Leserin oder wer auch immer) ahnt es sicher schon, das hat leider nicht geklappt. Jeroem berichtet, daß er kurz vor der Deadline noch einen Fehler gefunden hat und deshalb mit Debuggen beschäftigt war und das Programm somit nicht fertigstellen konnte. Aber es sei dann wirklich bald reif für die Veröffentlichung. In dem Bewußtsein, ansonsten alle geplanten Gespräche geführt und alle interessanten Produkte besichtigt zu haben, marschiere ich nun zurück zum Messestand - nur um mir von Gerd nochmal ein Eis spendieren zu lassen. Wenig später ist es dann auch schon 14.00 Uhr und damit Zeit für mich zu gehen. Und zwar zum Bahnhof. Dank des Wochenend-Tickets der Deutschen Bahn wird die Heimfahrt zu einem eher beengten Erlebnis. Und während mir ein Kleinkind in die Ohren quakt, ziehe ich ein Fazit der "Computer '97". Eindeutig positiv hervorzuheben ist die Treue der Amiga-Gemeinde. Auch wenn diesmal wieder zahlreiche PC- und Konsolen-Besitzer der Messe einen Besuch abstatteten, war der Großteil der Besucher doch letztlich wieder vor allem am Amiga interessiert. Auch bei den Ausstellern war zu spüren, daß diejenigen, die in diesem Jahr anwesend waren (wozu beispielsweise "Cinema 4D"-Hersteller Maxon (die der gleichzeitig stattfindenden "MacWorld" den Vorzug gaben) und der MagnaMedia-Verlag nicht gehörten), es wohl auch noch im nächsten Jahr sein werden. Wer jetzt noch für den Amiga entwickelt, ist so engagiert, daß sich das so schnell nicht ändern wird - was natürlich je nach Standpunkt auch negativ ausgelegt werden kann... Mir persönlich hat die Messe weitaus besser gefallen als im Vorjahr, was sicher zu einem Großteil an den Vorteilen liegt, die man als Aussteller dadurch hat, daß man die Sache erheblich ruhiger angehen kann und auch zu den Zeiten anwesend ist, in denen weniger los ist und man sich deshalb die Produkte genauer ansehen kann. Erfreulich war natürlich einmal mehr das Treffen alter Bekannter und die Gespräche mit Leuten, die man bisher allerhöchstens durch eher unpersönliche e-Mail-Kommunikation kannte. (Ob diese Wertung auch umgekehrt gilt, sei aber natürlich dahingestellt.) Und obwohl ich ansonsten wenig mit den Mitgliedern der APC&TCP-Standmannschaft zu tun habe, war auch das "Rahmenprogramm" außerhalb des Messegeländes sehr kurzweilig und hat dazu beigetragen, daß Köln 1997 endlich wieder einmal eine Reise wert war. Aber ob das auch für alle Besucher gilt, dürfte mit vielen Fragezeichen behaftet sein. Denn insoweit setzte die "Computer '97" eine negative Tradition fort. Durch das ominöse Multicomputer-Konzept war es einem zwar möglich, auch mal einen Blick über den Tellerrand des eigenen Systems werfen zu kännen. Es hat jedoch zur Folge, daß sowohl die Schar der Besucher als auch der Aussteller sehr heterogen zusammengesetzt ist und jeder sicher auf vieles (Aussteller einerseits, Besucher andererseits) hätte verzichten können. Den Amiga-Usern unter den Besuchern dürften zudem das Fehlen wirklicher Neuerungen und der Ausfall groß angekündigter Überraschungen übel aufgestoßen sein. Da wurden sicherlich so manche unselige Erinnerungen an die Produktion viel heißer Luft zu Commodore-Zeiten wach. Von seiten der Anbieter und Hersteller ein riskantes Spiel mit dem gerade mühsam ein wenig zurückeroberten Vertrauen der Amiga-Gemeinde. Ebenfalls auf der Negativseite bleibt zu verzeichnen, daß viele Aussteller offensichtlich den Bedarf völlig falsch kalkuliert hatten. So waren zum Ärger der kaufbereiten Besucher zahlreiche Produkte schon im Laufe des Samstags ausverkauft. Daß die Nachfrage das Angebot deutlich überstieg machte sich auf besondere Art und Weise bei den RAM-Preisen bemerkbar, die an den preiswerteren Ständen recht bald auf das bei der teureren Konkurrenz übliche Niveau angehoben wurden - so entwickelte sich die "Computer '97" wenigstens zu einem Musterbeispiel der Preisbildung in einem marktwirtschaftlichen System. Und zumindest das war dann doch eine kleine Überraschung.

(c) by Andreas Neumann


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