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Test: TKR Tristar +

Spätestens seit einem Jahr gehört es zum guten Ton, als Eigentümer eines "multimediafähigen" Computers auch Zugang zu den Netzen dieser Welt zu besitzen. Diesem Gruppenzwang konnte auch ich mich nicht entziehen, so daß ich mir auf Empfehlung von Gerd Frank, dem Amiga-Händler meines Vertrauens, direkt bei der TKR GmbH ein Modem (natürlich über das Internet) bestellte, das schon vom Namen her Hoffnung auf mehr Leistung machte - das "Tristar +". Nachdem Gerät und Rechnung (278 DM zuzüglich 18 DM Versandkosten) wenige Tage später von UPS ins Haus gebracht wurden, ging es natürlich zunächst einmal ans Anschließen des Modems mit Hilfe der mitgelieferten Kabel. Dabei gab es eigentlich kein größeres Problem: Verbindung mit dem Rechner hergestellt, Verbindung mit dem Telefonnetz hergestellt, gegrübelt, warum der Stecker so lose sitzt, herumgepfriemelt, festgestellt, daß er anders herum eingesteckt gehört, Verbindung zum Stromnetz hergestellt - fertig. Das Modem selbst ist ein erfreulich kleines Gerät, das weniger Platz wegnimmt als eine flach liegende CD und etwa dreimal so hoch ist. Es steckt in einem beigen Gehäuse. An seiner Frontseite befinden sich neun Kontroll-LEDs und ein Mikrofon-Eingang, auf der Rückseite die Kabelbuchsen und der Ein-/Ausschalter. Letzterer ist auch der einzige Teil, dessen mechanische Beschaffenheit Anlaß zur Kritik gibt - statt des verwendeten stabförmigen und bedenklich dünnen Schalters würde ein normaler Kippschalter zumindest ein höheres Sicherheitsgefühl vermitteln.

Doch natürlich bringt ein Modem nichts, mag es auch noch so gut an der seriellen Schnittstelle des Computers angeschlossen sein. Dankenswerterweise liefert TKR kostenlos eine CD-ROM mit "On Line"-Software aus (in meinem Fall handelte es sich um Volume 7). Und erfreulicherweise haben die Kieler Telekommunikationsprofis auch ein Herz für Nischenrechner - auf der Silberscheibe befinden sich nicht nur zahlreiche Programme für Wintel-Rechner, sondern auch je ein Verzeichnis für Ataris und Amigas (leider aber nicht für Macs, obwohl dieser Eindruck in einer Readme-Datei erweckt wird). In letzterem gibt es wiederum für fast jeden Geschmack das passende Programm - vom TCP/IP-Stack (AmiTCP) über Terminalprogramme (MultiTerm, Term) bis hin zu Hilfsprogrammen wie MUI, einem Gebührenberechnungsprogramm und einem UUDecoder. Bei der ganz überwiegenden Anzahl der Programme handelt es sich allerdings lediglich um frei vertreibbare Shareware-Versionen, die erst nach erfolgter Registrierung in vollem Umfang genutzt werden können. Zudem ist die Zusammenstellung auch nicht mehr sonderlich aktuell. So fehlt eine Version des derzeit wohl führenden TCP/IP-Stacks "Miami" gänzlich. Und als WWW-Browser muß man mit dem uralten "AMosaic" in Version 1.2 und der ebenfalls schon angegrauten Version 1.0 von "AWeb" Vorlieb nehmen. Für manche Bereiche gibt es schließlich überhaupt nichts - zum Beispiel für IRC, Telnet oder News. Als kleinen Ausgleich hat TKR dafür die hauseigene Fax-Software "MultiFax" in Version 3.0 als Vollversion auf die CD-ROM gebrannt, Version 4.0 gibt es zudem als eingeschränkte Demoversion. Obwohl "MultiFax" 3.0 auch nicht mehr sonderlich aktuell ist und insbesondere das Konfigurationsprogramm alles andere als systemkonform programmiert wurde (man also die Einstellungen besser mit Hilfe eines ASCII-Editors verändert) leistet das Programm verhältnismäßig zuverlässig seinen Dienst und ist eine schöne Dreingabe auf einer CD-ROM, deren bloße Existenz einem ansonsten von Hardware-Herstellern als solchem ja eher ignorierten Amiga-User Grund zur Freude ist. Und einen ersten Einstieg in die Welt der DFÜ ermöglicht die mitgelieferte Software allemal.

In der Praxis erweist sich das Modem als sehr solides Produkt. Lediglich die internen Schaltgeräusche beim Aufnehmen und Beenden einer Verbindung sind etwas laut und zu Beginn irritierend. Zudem wird das Modem ab etwa einer Stunde Dauerbetrieb spürbar warm - dies hatte jedoch keinerlei erkennbare Auswirkungen auf die Qualität der Datenübertragung. Das "Tristar +" unterstützt zahlreiche Übertragungsstandards, darunter als wohl wichtigster auch V.34 Plus mit bis zu 33.600 Bit/Sekunde, also maximal 4.200 Bytes/Sekunde. Dank Datenkompression nach dem MNP5-Verfahren und V.42bis soll sogar noch eine erhebliche Steigerung der effektiven Übertragungsrate möglich sein. Mir ist jedoch nicht aufgefallen, daß es jemals zu einer solchen Verbesserung gekommen wäre. Im einwandfrei funktionierenden Fax-Betrieb sind mit dem Modem Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 14.400 Bit/Sekunde möglich. Dabei werden die Fax-Classes 1 und 2 (SP-2388 und TIA/EIA-592) unterstützt. Für die praktische Anwendung ganz nützlich dürfte zudem die Möglichkeit der Zuteilung von Paßwörtern für verschiedene Benutzer und der Fernkonfiguration von einem anderen Modem aus sein. Beeindruckendstes Leistungsmerkmal des "Tristar +" ist aber sicherlich seine Sprachfähigkeit. Mit der entsprechenden Software kann die Kombination aus Computer und Modem somit zu einem funktional vielfältigen Anrufbeantworter werden. Leider war es mir jedoch nicht möglich, das beiliegende Voice-Programm "AVMSuite", welches scheinbar das einzige seiner Art für den Amiga ist, zu einer Zusammenarbeit mit dem "Tristar +" zu bewegen, so daß ich über die tatsächlichen Anrufbeantworterqualitäten des Modems nichts schreiben kann. In jedem Fall müßte man für eine solche Nutzung seinen Rechner den ganzen Tag über laufen lassen, da das "Tristar +" nicht wie die noch etwas moderneren "aktiven" Modems die Anrufbeantworterfunktionen unabhängig von einer Steuerungssoftware wahrnehmen kann.

Wie es sich für einen deutschen Modem-Hersteller geziemt, liegt dem "Tristar +" eine komplett deutschsprachige Anleitung bei. Auf deren 87 Seiten wird jedoch zum größten Teil lediglich der vom Modem unterstützte AT-Befehlssatz beschrieben. Diese geschieht zwar in akzeptabler Qualität, der Wert der Befehlsbeschreibungen wird allerdings dadurch gemindert, daß das Inhaltsverzeichnis unbrauchbar ist, da die dort aufgeführten Seitenzahlen falsch sind. Ein weiteres Manko der Anleitung betrifft die Dokumentation der sonstigen Fähigkeiten des Gerätes. Diese ist äußerst knapp gehalten und wird der Bedeutung der jeweiligen Features nicht im mindesten gerecht - so wird der Voice-Betrieb auf wenigen Zeilen abgehandelt. Insgesamt ist die Anleitung somit der Schwachpunkt des ansonsten überzeugenden Produktes aus dem Hause TKR. Wer bereits über Kenntnisse im DFÜ-Bereich verfügt oder Mut zum Experimentieren hat, wird sich natürlich auch daran nicht stoßen. Dennoch wäre es wünschenswert, daß TKR die Sorgfalt, die sie bei der Entwicklung der Hardware und weitgehend auch bei der Zusammenstellung der Software an den Tag legen, auf die Erstellung der Anleitung übertragen könnten.

Alles in allem ist das "TKR Tristar +" ein empfehlenswertes Modem. Allerdings merkt man ihm an, daß es nicht mehr das unbedingt neueste Modell ist - der technische Fortschritt der letzten zwölf Monate hat nicht nur zwei 56k-Standards gebracht, sondern hatte eben auch Entwicklungen wie die bereits angesprochenen "aktiven" Modems zur Folge. Angesichts dieser rasanten technischen Weiterentwicklung erscheint der Preis von trotz diverser Preissenkungen nach wie vor fast 300 DM für ein 33.6k-Modem nicht mehr ganz angemessen. Aber auf der anderen Seite läßt die Marktentwicklung hoffen, daß aus genau diesen Gründen der Preis auch für das "TKR Tristar +" noch sinken wird. Sollte es dazu kommen, bietet das Modem alles, um die meisten Anwender mehr als nur zufriedenzustellen. Für den Großteil der Internetdienste reicht etwa eine Übertragungsgeschwindigkeit von 33.600 Bit/Sekunde aus - meist ist man froh, auf dem verstopften "Information Superhighway" auch nur eine annähernd so hohe Geschwindigkeit erreichen zu können. Durch die Fax-Fähigkeit erweitert das Modem zudem die Kommunikationsmöglichkeiten des Anwenders. Allerdings kommt man natürlich nicht umhin, sein System den ganzen Tag lang laufen zu lassen, will man das "Tristar +" auch ernsthaft als Fax-Empfangsgerät einsetzen. Und vielleicht wird es ja eines schönen Tages auch möglich sein, mit der entsprechenden Software endlich in den Genuß der Voice-Funktion des Modems zu kommen. Hier bleibt nur die Hoffnung auf die FD-/Sharewareszene. Doch selbst wenn dieser Tag nicht kommen sollte, ist das "TKR Tristar +" ein Produkt, daß man für den Betrieb am Amiga guten Gewissens weiterempfehlen kann. Was hiermit geschehen sein soll.

(c) by Andreas Neumann


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