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Test: Amiga Future

Es war eine Schande - ausgerechnet für den Amiga, seinerzeit als Spielekonsole konzipiert, jahrelang auf dem Gebiet einfallsreicher Computerfreizeitvergnügungen führend und nach wie vor als "Daddelkiste" verschrieen, gab es seit fast einem Jahr kein eigenes Spielemagazin mehr. Erst war der beliebte "Amiga Joker" quasi über Nacht und ohne Vorwarnung vom Erdboden verschwunden, dann wurde die "Amiga Games" zur Beilage des "Amiga-Magazins" degradiert, um schließlich ebenfalls das Zeitliche zu segnen. Kurze Hoffnung keimte auf, als die media Verlagsgesellschaft eine Spiele-Spezial-Ausgabe der "Amiga Special" auf den Markt brachte - doch wie sich herausstellte, dürfte es sich dabei lediglich um die einmalige Zweitverwertung vor langer Zeit erworbener Nutzungsrechte an einigen angegrauten Amiga-Spielen gehandelt haben. Angesichts dieser hoffnungslosen Lage war es nicht verwunderlich, daß die Ankündigung eines neuen Spiele-Magazins für den Amiga im Rahmen der Computer '97 für Furore sorgte. Es folgten wochenlange hitzige Diskussionen im Usenet und Anfang Februar war es dann endlich soweit - die Erstausgabe der "Amiga Future" konnte überall dort erworben werden, wo es auch die "Amiga Plus" gibt. Bricht nun tatsächlich eine neue güldene Zukunft für den Amiga-Spiele(zeitschriften)markt an ? Oder ist die Zukunft der "Future" bereits Vergangenheit, das Magazin eine Totgeburt ?

Der kaufwillige Amiga-Freak muß erst zweimal hinsehen - daß die "Amiga Future" vom ICP-Verlag herausgegeben werden würde, war ja bekannt. Daß die Anbindung an die "Amiga Plus" jedoch so eng ausfallen würde, kam dann doch etwas überraschend - die Aufmachung läßt die "Amiga Future" nicht als eigenständiges Magazin, sondern lediglich als "Sonderheft 11" der "Plus" erscheinen. Das beginnt beim Titelbild und hört mit der Seitengestaltung, die exakt der "Amiga Plus" nachempfunden ist, noch nicht auf. Sonderheftqualität hat schließlich auch der Preis. Doch für die 19.80 DM bekommt man natürlich nicht nur die "Future", sondern auch eine mit knapp 600 MByte Software gefüllte CD-ROM geboten, die neben den üblichen Demoversionen und Share-/Freeware-Spielen und Anwendungen auch die (laut Cover: "supergeile") Vollversion des "New Generation"-Hits "Trapped" enthält. Die Käufer wird es freuen (sofern sie das Spiel noch nicht haben), Amiga-Händler hingegen sehen sich einmal mehr mit einer neuen CD-ROM-Reihe konfrontiert, die ihre Verkaufsposten in Ladenhüter zu transformieren droht.

Doch was bietet das 68 Seiten starke Heft selbst ? Auf ein Editorial hat man (aus gutem Grund ?) verzichtet - der Magazinteil wird vielmehr mit aktuellen Kurzmeldungen eröffnet. D.h. zumindest waren sie wohl zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses aktuell - was dem Stand der vermittelten Informationen nach zu urteilen wohl irgendwann Ende November 1997 gewesen sein dürfte. Dennoch bieten sie einen sinnvollen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen im Amiga-Markt, der gerade für Spieler, die sich ansonsten nicht über Neuigkeiten außerhalb der digitalen Daddel-Vergnügungen informieren, durchaus seinen Sinn haben kann. Es folgt ein (ebenfalls ja nicht mehr sonderlich brandaktueller) Messebericht von der Computer '97, der unter dem streckenweise etwas ungünstigen Layout leidet (so sind z.B. alle Zwischenüberschriften gleich gesetzt, auch wenn ihnen abgestufte Bedeutungsqualität zukommt). Auf Seite 16 beginnt dann aber endlich der erste Testbericht. Der Voxelspace-Flugsimulator "Shadow of the 3rd Moon" wird hier ausführlich vorgestellt und auf vier Seiten unter die Lupe genommen. Dazu gibt es zahlreiche Screenshots und - ebenfalls von der "Amiga Plus" bekannt - einige Kästchen mit Erklärungen und Hintergrundinformationen zu bestimmten Stichwörtern. Eine abschließende Bewertung erfolgt am Ende des Testes in einer gesonderten Box, in der nicht nur ein kurzes Fazit gezogen wird, sondern in der auch Punkte in insgesamt fünf Kategorien mit unterschiedlichen Höchstpunktzahlen vergeben und die Systemanforderungen des Spiels genannt werden. Hier hätte man zwar auch durchaus ein paar grafische Elemente mehr verwenden dürfen - übersichtlich und leicht verständlich ist das System aber allemal, mit Ausnahme der Bewertungskategorie "Future-Level", hinter der sich die Benotung der Originalität des Spiels verbrigt. Nach einer Umfrage, mit der die Herausgeber vorgeben, sich für die Meinung der Leser zu interessieren, folgen die weiteren Testberichte - "Pinball Brain Damage", "Uropa 2", "Sword" und die "Flyin' High Data Disk" wurden von den Redakteuren der "Future" auf Herz und Nieren geprüft. Ebenfalls recht ausführliche und reich bebilderte Vorabberichte gibt es von "Phoenix", "Street Racer", "Evil's Doom", "Sixth Sense Investigations" und "Wet". Es schließt sich eine Leserbriefecke an, die in der Erstausgabe mit erfundenen Briefen gefüllt wurde, welche geschickt dazu verwendet werden, einige grundlegende Fragen zur "Amiga Future" (z.B. hinsichtlich des Bewertungssystems) zu klären. Ob man sich so aber auf Dauer vor entsprechenden Info-Texten drücken kann, steht auf einem anderen Blatt. Dort (nämlich auf S.50) findet sich auch ein zweiseitiger Einblick in aktuelle Demos für den Amiga - unabhängig von der Frage, wie sinnvoll so etwas überhaupt sein kann, ist es recht brauchbar realisiert worden. Das gilt leider nicht für den nun folgenden Abstecher in die Welt der PD-Spiele (gemeint: Shareware- und FD-Spiele), was jedoch nicht am zweiseitigen Text selbst, sondern am ihm zugrundeliegenden Prinzip liegt. Etwas mehr Raum hätte man den Amiga-PD-Spielen schon einräumen können, waren sie doch in den letzten Jahren oftmals der einzige Halt für daddelsüchtige Freaks. Man kann nur hoffen, daß die "Future" der frei kopierbaren Software in Zukunft größere Aufmerksamkeit widmen wird, der Zwei-Seiten-Schweinsgalopp wird der Sache jedenfalls nicht gerecht. Auch die beiden CD-ROM-Tests ("Aminet 21" und "APC&TCP-CD Volume 5") auf einer Seite sind doch etwas zu knapp geraten, um mehr als nur eine kurze Inhaltsübersicht zu vermitteln. Da kann man sie eigentlich auch gerade weglassen. Erfreulich ausführlich hingegen ist der sich nun anschließende dreiseitige Testbericht zu "Turbo Calc 5.0" - fortgeschrittene Leser werden jedoch bald merken, daß es sich dabei um eine Anwendung, und nicht um ein Spiel handelt (trotz "Vier gewinnt"-Beispiel). Und auch der Test des "Cygnus Ed 4.2" hat wenig mit Joystickakrobatik zu tun. Bleibt noch eine Kurzanleitung zu "Trapped", ein grobes Inhaltsverzeichnis der CD-ROM und die "Amiga Future Vorschau" auf die nächste Ausgabe - und das war's.

Erfreulicherweise ist das Niveau der Texte weitaus höher als das etwa bei der "Amiga Games" der Fall war. Hier macht sich die Routine so erfahrener Amiga-Schreiberlinge wie Carsten Schröder oder Igor Vucinic positiv bemerkbar. Dennoch gibt es auch zahlreiche Aussetzer und stilistische Rohrkrepierer, die den Lesespaß ganz erheblich mindern. Als Beispiel sei nur die mehrmalige Verwendung desselben Wortes innerhalb eines oder zweier Sätze genannt ("Weiterhin kann man nur hoffen, daß es auch weiterhin solche Data Disks für Flyin' High geben wird."), ein Fehler, der gerade Gelegenheitsschreibern oft unterläuft. Das kann vielleicht in längeren Werken verziehen werden, in einem kurzen, knackigen Testbericht darf so etwas aber nicht passieren und sollte spätestens dem dritten Kontrollesen zum Opfer fallen. Überhaupt ist es verwunderlich, wie viele "Bugs" in Rechtschreibung und Gestaltung sich in diese Erstausgabe hineingeschlichen haben. Fast in jedem Artikel steckt ein Schreibungsfehler und warum der Bewertungskasten von "Shadow of the 3rd Moon" mit "Data Disk" betitelt ist, bleibt genauso rätselhaft wie der uneinheitliche Gebrauch der Begriffe "Review", "Test" und "Preview" bei Testberichten und Vorschauen oder die partielle Verwendung der Seitenüberschrift "Amiga Future Aktuell" im Test-Teil. Gerade bei einer Erstausgabe, die ja regelmäßig vom Publikum sehr kritisch unter die Lupe genommen wird, dürfen solche Klöpse nicht passieren - und die genannten waren wirklich nur eine willkürliche Auswahl aus einem überreichen Lapsus-Repertoire.

Eine der größeren Befürchtungen nach Ankündigung der "Future" war die Personalunion von Redaktion und APC&TCP. Nachdem der Versand/Club schon in der Vergangenheit mit schamloser Werbung in eigener Sache aufgefallen war, etwa als APC&TCP-Chef Andreas Magerl den Testbericht des von ihm vertriebenen "Flyin' High" für das "Amiga-Magazin" verfaßte, durfte man sich nun noch schlimmeres ausmalen. Doch zum Glück ist die "Amiga Future" (noch ?) nicht zur APC&TCP-Werbebroschüre verkommen, und das, obwohl sich mit "Pinball Brain Damage", der "Flyin' High Data Disk" und der Volume 5-CD-ROM gleich drei Produkte des Überseer Softwarevertriebes auf dem Prüfstand befanden. Bemüht zurückhaltend wird hier weitgehend fair geurteilt. Doch natürlich war die Versuchung zu groß - in einigen Artikeln taucht so ganz nebenbei nur geringfügig getarnte Schleichwerbung für den "Club" auf. So wird in der "Sixth Sense Investigations"-Vorschau das APC&TCP-Projekt "Daydream" als "mehr als hitverdächtig" gepriesen, und im "Pinball Brain Damage"-Test festgestellt, daß langsam "das Label APC&TCP für Qualitätsprodukte" stehe. Alles in allem hält sich das aber noch in Grenzen - daß die Objektivität der Bewertung beein- flußt wurde, ist nicht ersichtlich. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß wie so vieles, was der APC&TCP in letzter Zeit angepackt hat, auch diese Erstausgabe der "Amiga Future" noch ziemlich unfertig und überhastet auf den Markt geworfen wirkt. Dennoch ist es schön, daß wieder eine Zeitschrift erhältlich ist, die sich auf das außenwirksame Thema der Spiele konzentriert - und die durchaus einige ausbaufähige Ansätze aufweist. Ob allerdings die Entscheidung für eine Cover-CD-ROM - und der damit verbundene hohe Verkaufspreis - so glücklich war, wird sich noch herausstellen müssen. Vielleicht wäre hier der Verzicht auf einen Datenträger in Verbindung mit einem Kampfpreis von 5 oder 6 DM sinnvoller gewesen. Vorerst wird die "Amiga Future" jedoch ohnehin ein seltenes Vergnügen - und daher auch für den armen Freak finanzierbar - bleiben: Bis sich die Situation des Amiga-Spiele-Marktes nicht signifikant verbessert hat, wird die "Future" nur jeden zweiten Monat erscheinen. Der Patient lebt, aber sein Gesundheitszustand ist noch kritisch.

(c) by Andreas Neumann


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