Genre : | Erdkundeprogramm |
Vertriebsform : | Shareware (30 DM) |
Hersteller : | Beer Productions |
Bezugsquelle : | André und Ronny Beer, Siedlung 6, 09548 Deutscheinsiedel |
Where do you want to go today ? Gute Frage. Die Welt ist groß und wer hat in einer Zeit, in der Weltreiche innerhalb weniger Jahre zerfallen und neue emporsteigen, wirklich noch den Überblick, wo welche Stadt, ja, wo genau überhaupt welches Land liegt ? Bevor der eigene geographische Horizont bei Mallorca endet, sollte man geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen. Und erfreulicherweise kann man das neuerdings auch mit der Hilfe des Amigas. Seit 1996 entwickelt André Beer zusammen mit seinem in erster Linie für die gestalterische Seite zuständigen Bruder Ronny unter dem für Freunde gehopften Gerstensaftes verheißungsvollen Namen "Beer Productions" das Erdkundeprogramm "GeoWorld", das nun als Shareware im Aminet erschienen ist. Dabei sind die Ziele des Bruderpaares hochgesteckt - die Anleitung verspricht ein wenig vollmundig "überdurchschnittliche Qualität zu einem günstigen Preis". Nun sind 30 DM zwar für ein Programm, das sich zusammen mit allen Daten auf drei Disketten erstreckt, wirklich nicht viel, besonders wenn, wie hier, eine gedruckte Anleitung, Porto und Verpackung im Preis inklusive sind. Doch wie steht es mit der Qualität - ist GeoWorld wirklich der Silberstreif am Horizont der großen Amiga-Education-Soft-Wüste oder wird es mangels Leistungsfähigkeit schnell wieder vom Erdboden verschwunden sein ?
Der erste Eindruck ist gut. Auf Diskette 1 befinden sich zwei Textdateien und zwei Installationsskripte. Bei den Texten handelt es sich um eine Information über die neuesten Änderungen und um die deutschsprachige Programmanleitung im AmigaGuide-Format. Diese ist trotz einiger Rechtschreibfehler und einem gerüttelt Maß an Selbstbeweihräucherung alles in allem sehr gut strukturiert und angenehm zu lesen. Besonders lobenswert ist ein kurzes Tutorial, mit dessen Hilfe dem Anwender die praktische Arbeit mit "GeoWorld" nähergebracht wird. In der Anleitung erfährt man schließlich unter anderem auch, daß zum Betrieb von "GeoWorld" mindestens AmigaOS 2.0, 3 MByte RAM und das AGA-Chipset (oder alternativ eine Grafikkarte) erforderlich sind. Erfüllt man (respektive der Rechner) diese Voraussetzungen, kann man sich an die Installation machen. Mit Skript 1 wird dabei das eigentliche Programm installiert. Dies geschieht mit Hilfe des Installers. Da schon die Anleitung deutschsprachig war, verwundert es nicht, daß nun auch hier die Hinweistexte in deutscher Sprache gehalten sind, so daß Nicht-Anglophile bei "GeoWorld" in jedem Fall goldrichtig liegen. Der Installationsvorgang selbst erfolgt unkompliziert und relativ schnell. Skript 2 dient schließlich zum Kopieren zweier Zeichensätze ins FONTS:-Verzeichnis, was löblicherweise ebenfalls mit dem Installer (und somit für den Anwender weitgehend kontrollierbar) vonstatten geht.
Hat man all diese Vorbereitungen erfolgreich zu einem Abschluß gebracht, kann man sich nun endlich dem Programm selbst zuwenden. Ein Doppelklick auf das Icon läßt einen Fortschrittsbalken erscheinen, der über die Menge der bereits geladenen und noch zu lesenden Daten informiert. Nach den für diesen Vorgang insgesamt erforderlichen Momenten (einige Sekunden bis - auf langsamen Rechnern - knapp unter einer Minute) öffnet sich entweder ein Bildschirm oder ein ReqTools-Requester, der einem mitteilt, daß der gewünschte Bildschirmmodus nicht vorhanden ist und man sich aus einer entsprechenden Liste doch bitte einen neuen aussuchen soll. Ist auch diese Hürde genommen, wird man mit dem eher schlichten (was keinesfalls negativ zu verstehen ist) "GeoWorld"-Titelbild konfrontiert. Ein weiterer Mausklick und man befindet sich endlich im Programm. Der Bildschirm wird dabei von zwei Fenstern eingenommen, die zum Verständnis der Funktionsweise des Programmes von essentieller Bedeutung sind. Der obere und weitaus größere Teil stellt das "Landkartenfenster" dar. In ihm werden die geo-grafischen Informationen, also die Welt- und Landkarten, ausgegeben. Darunter befindet sich das (allerdings frei bewegbare) "Kontrollfenster", mit dem "GeoWorld" weitgehend gesteuert wird. Das geht zwar zum Teil auch direkt über das Landkartenfenster, indem man hier einfach mit der Maus in die dargestellte Karte klicken kann - welche Folge diese Aktion hat, läßt sich jedoch ausschließlich im Kontrollfenster festlegen. Dieses enthält zunächst zwei Schalter für eine "Länder-" und eine "Städteauswahl". Diese sind in Zusammenhang mit dem direkt daneben plazierten "Suchbegriff"-Eingabefeld zu sehen. Ist hier nichts eingetragen, so öffnet sich bei einem Klick auf den Auswahl-Knopf eine Liste mit den Namen aller in "GeoWorld" gespeicherten Länder oder Städte. Hat man einen Suchbegriff angegeben, wobei statt der amigaüblichen Pattern leider nur ein verhältnismäßig unflexibler "*"-Joker verwendet werden kann, so werden nur die Einträge aufgelistet, die die entsprechenden Kritierien erfüllen. Klickt man auf einen Listeneintrag, so öffnet sich ein neues Fenster, das weiterführende Informationen zu dem jeweiligen Land oder der betreffenden Stadt enthält. Besonders interessant ist hier ein Cycle-Gadget am oberen Fensterrand (respektive ein parallel dazu benutzbares Pulldown-Menü), mit dem neben allgemeinen Daten auch Sonderinformationen etwa zur Wirtschaft, zur Geschichte oder zu Staatsform und Politik abgerufen werden können. Ebenfalls aufrufbar ist eine Liste der wichtigsten internationalen Organisationen, denen der jeweilige Staat angehört. Diese kann man sogar noch anklicken und erhält weiterführende Informationen in einem gesonderten Fenster, über dessen Pulldown-Menü man sich schließlich gar eine Aufreihung aller dieser Organisation angehörender Mitgliedsstaaten anzeigen lassen kann. Bei Städteinformationen stehen ebenfalls neben allgemeinen Daten (Bevölkerungszahl, Gründungszahl, etc.) weiterführende Informationen (etwa über die Geschichte, die Infrastruktur und die Wirtschaft) über ein Cycle-Gadget, respektive ein Pulldown-Menü, zur Verfügung. Sowohl vom Städte- als auch vom Länderinfo-Fenster kann man über entsprechende Schalter den Inhalt des Landkartenfensters ändern - etwa indem man sich die Position von Land / Stadt grafisch anzeigen läßt.
Die weiteren Bedienelemente des Kontrollfensters erfüllen eher unterstützende Funktionen. Das beginnt mit der Möglichkeit einer "Maxi-Suche". Hier können nicht nur die Namen von Ländern und Städten sondern die gesamten Datensätze nach Begriffen durchsucht werden, wozu man in ein gesondertes Fenster mehrere Suchbegriffe eingeben kann. Ebenfalls nützliche Helfer sind die vier Schalter, mit denen man eine übergroße Landkarte "scrollen" kann, was im übrigen auch mit Hilfe der Cursortasten geht. Mit dem Schalter "Weltkarte" kann in das Landkartenfenster die Weltkarte gezeichnet werden, wenn sie nicht ohnehin schon aktiv ist. Für den Fall, daß im Landkartenfenster die Karte eines Landes angezeigt wird, kann man mit dem "Info zur Landkarte" betitelten Knopf die korrespondierende Länderinformation aufrufen. Die letzten beiden Schalter des Kontrollfensters dienen schließlich der Bestimmung, was bei Mausklicks auf eine Karte im Landkartenfenster geschehen soll - je nach Wunsch zeigt "GeoWorld" in diesem Fall direkt die entsprechende Länderinformation an oder bildet nur den zugehörigen Kontinent (vergrößert) ab - was einen an eine "Zoom"-Funktion erinnernden Effekt zur Folge hat. Doch damit sind die Steuerungsmöglichkeiten noch nicht erschöpft. Im Pulldown-Menü, über das u.a. "GeoWorld" auch verlassen werden kann, lassen sich noch zahlreiche Einstellung vornehmen. Das umfaßt einmal die üblichen abspeicherbaren Konfigurationen (Bildschirmmodus, Zeichensatz, Anzeige des Titelbildes, etc.) und zum anderen die Reihenfolge, in der die Länder- und Städteauswahl angezeigt werden soll. Von der alphabetischen Sortierung bis hin zur Auflistung nach der Bevölkerungszahl gibt es hier einige Kritierien, die zudem noch, ganz nach Gusto des Anwenders, auf- oder absteigend angelegt werden können. Reichlich versteckt findet man schließlich im Pulldown-Menü auch noch das "GeoWorld-Quiz". Bei ihm wird ein neues Fenster geöffnet, in das man zunächst die Anzahl der Fragen eingeben darf, die zu beantworten man gewillt ist. Danach geht es los - man bekommt immer eine Frage zu einem Eintrag in der Datenbank des Programmes gestellt und drei mögliche Antworten vorgesetzt, von denen natürlich nur eine zutrifft. Am Ende der Wissensevaluierung bekommt man dann das Endergebnis zusammen mit einem kurzen Kommentar zur erbrachten Leistung präsentiert.
"GeoWorld" ist in jedem Falle ein vielversprechendes Programm. Die Datenmenge, mit der es sich bereits jetzt präsentiert, läßt sich sehen und macht das Stöbern in den Informationsdatenbanken durchaus reizvoll. Dazu ist anzumerken, daß in der Testversion viele weiterführende Daten (insbesondere zu den Städten) noch nicht vorhanden waren, laut Auskunft der Produzenten aber noch in das Programm eingearbeitet werden. Lobenswert ist vor allem auch die hohe Aktualität des Datenbestandes, der selbst noch Ereignisse des letzten Jahres erfaßt. Doch auch etwas Kritik ist angebracht - so wirken insbesondere die Informationen zur Geschichte eines Landes mitunter willkürlich - warum z.B. bei Deutschland die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt, nicht aber die von Willy Brandt, der ja immerhin erster SPD-Bundeskanzler war, angezeigt wird, bleibt Geheimnis von Beer Productions. Auch beinhaltet der (zugegebenermaßen bereits jetzt gewaltige) "GeoWorld"-Datenbestand noch einige kleinere Fehler - so sind z.B. Vatikanstadt (jedenfalls war das 1995 noch der Fall) und jedenfalls die Schweiz entgegen entsprechender Eintragungen in "GeoWorld" nicht Mitglieder der Vereinten Nationen. Doch alles in allem wurden die Daten zuverlässig zusammengetragen und ermöglichen den komfortablen Zugriff auf einen elektronischen Almanach, dessen Informationen intern zum Teil klever miteinander verknüpft sind und die mit Hilfe einer flexiblen "Druckfunktion" nicht nur auf Papier gebannt, sondern auch zur späteren externen Verwendung in einer Datei gespeichert werden können. Doch der Anspruch von "GeoWorld" geht ja über den einer reinen Informationsdatenbank hinaus - man will ein "Erdkundeprogramm" sein, verfolgt also einen durchaus pädagogischen Anspruch. Dieser kann jedoch nicht eingelöst werden - "GeoWorld" ist zu sehr auf die Aktion des Anwenders angewiesen, als daß das Programm selbst ihm Zusammenhänge und Daten vermitteln könnte. Lediglich das Quiz wäre insoweit theoretisch in der Lage, die Lücke zu füllen. Doch um hier Maßstäbe setzen zu können, ist es ein klein wenig zu simpel konstruiert - es werden einfach nur Daten aus dem großen Pool des Gesamtdatenbestandes geklaubt und dem Anwender vorgesetzt. Der Lerneffekt einer Frage nach dem größten Land ist aber doch eher gering, wenn Malta, Andorra und die USA als mögliche Antworten vorgegeben werden. Auf der anderen Seite ist man ziemlich verloren, wenn es darum geht, die Quadratkilometerzahl von Eritrea zu schätzen - ein Spezialwissen, das man zudem weder im Rahmen seiner Allgemeinbildung, noch des Erdkundeunterrichts oder seines späteren Beruflebens vermutlich jemals brauchen wird. Hinzu kommt, daß bei Fragen nach numerischen Daten ab und an zweimal derselbe Wert vorgegeben wird, nur "einer davon" aber der "richtige" ist. Hier könnte eine zusätzliche If-Abfrage Wunder wirken. Trotzdem macht das Quiz, wie die meisten Herausforderungen an den eigenen Wissensstand, durchaus Spaß und man vermißt schmerzlich ein paar Gimmicks, die die Fragerei noch amüsanter und vor allem auf Dauer motivierender machen könnten - wie z.B. eine gewisse grafische Aufbereitung oder eine abspeicherbare Statistik über langfristige Fort- oder Rückschritte hinsichtlich der Trefferquote.
Das GUI von "GeoWorld" ist schlicht, aber intuitiv erfaßbar und weitgehend sauber gestaltet. Die Bedienung des in "BlitzBasic" geschriebenen Programmes wirft keine größeren Probleme auf und erweist sich als sehr zweckmäßig - mit der unbedeutenden Ausnahme, daß aus unerfindlichen Gründen die "Ja"/"Nein"-Schalter bei den Requestern im Gegensatz zur üblichen Anordnung seitenvertauscht sind. Zusammen mit den inhaltlichen Stärken stünde also trotz des verfehlten "Erdkunde"-Ansatzes angesichts des sehr fairen Preises einer nicht minder positiven Bewertung eigentlich nichts im Wege. Doch leider entpuppt sich "GeoWorld" als unfertige Beta-Version, die schon vor der Anzeige des Titelbildes zahlreiche illegale Speicherzugriffe (weitgehend harmlose READs im Speicherbereich < $10, was stark auf nicht korrekt initialisierte Zeiger (NIL) hindeutet) zu verzeichnen hat und eine starke Absturz-Neigung aufweist, welche andererseits die Beschränkung der Demoversion auf eine Nutzungsdauer von fünfzehn Minuten als praktisch irrelevant erscheinen läßt. Zudem treten innerhalb des Programmes des öfteren unerklärbare Fehlschaltungen auf - etwa wenn man sich bei der polnischen Stadt Krakau den zugehörigen Kontinent anzeigen lassen will und dann von "GeoWorld" Asien vorgesetzt bekommt. Auch hier dürften nicht oder falsch initialisierte Zeiger die Fehlerquelle sein. Alles in allem benötigt das Programm dringend ein sorgfältiges Debugging, um wirklich verwend- und verkaufbar zu werden. Es bleibt zu hoffen, daß die Beers die dazu erforderliche Geduld aufbringen werden - denn nach Beseitigung der Programmfehler und der angekündigten Ergänzung der bisher noch fehlenden Daten würde mit "GeoWorld" eines der derzeit besten Datenbanksysteme für den Amiga zur Verfügung stehen, das vor allem den Vorteil der jederzeitigen Erweiter- und Ergänzbarkeit (etwa um grafische oder akustische Daten) besäße und vielleicht eines Tages einen vollwertigen virtuellen Almanach/Atlas abgeben könnte. Bis dahin gilt es aber, der Software die Macken auszutreben - und "GeoWorld" bleibt nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein vielversprechendes Programm.