tests

Test: MegaBlast

Genre : Bomberman-Clone Vertriebsform : kommerziell, 29.95 DM
Vertrieb : APC&TCP, Andreas Magerl Hersteller : LK Avalon

Bomberman ? Genau - es geht um eines der ältesten Computerspielprinzipien der EDV-Welt. Um das Spielprinzip, bei dem mehrere Spieler (und seien es auch nur computergesteuerte) gegeneinander spielen müssen - weil das Ziel die gegenseitige Vernichtung ist. Mittel zum grausamen Zweck sind, nomen est omen, Bomben, die jedem Spieler unbegrenzt zur Verfügung stehen (Saddams Traum). Die Spieler werden zur munteren Hatz in ein mit verschiedenen Hindernissen in Blockform gefülltes Spielfeld gesetzt. Dort können sie sich nun vertikal und horizontal (in modernen Bomberman-Clones, "MegaBlast" inklusive, auch diagonal) bewegen. Ein Druck auf den Feuerknopf führt zum Legen einer Bombe und nun heißt es, sich schnell in Sicherheit zu bringen. Denn nachdem der Docht des Sprengkörpers wenige Sekunden später abgebrannt ist, wird es wirklich heiß. Die Explosion breitet sich (auch in modernen Bomberman-Clones, "MegaBlast" inklusive) ausschließlich vertikal und horizontal aus. Dabei reicht die Sprengkraft gerade, um - in jeder der vier Richtungen (oben, unten, links und rechts) - genau ein Hindernis wegzusprengen. Hat die Explosion in eine Richtung freie Bahn, breitet sie sich dorthin auch weiter aus. Und wenn ihr dort eine Spielfigur in die Quere kommt, wird diese - egal ob Bombenleger oder dessen Todfeind - geröstet. Sieger der Runde ist, wer am Ende übrig bleibt. Ein altes Spielprinzip, das - vor allem mit mehreren menschlichen Mitspielern - durchaus Spaß machen kann. Aber es gibt schon Dutzende Umsetzungen, inklusive einiger sehr guter im Freeware-Bereich. Warum das Thema also neu aufwärmen ?

Der Grund heißt "MegaBlast" und stammt von einer osteuropäischen Softwaretruppe namens LK Avalon, hinter der sich der Programmierer Adam Godula und sein Namensvetter, der Grafiker und Musiker Adam Durok verbergen. Das Spiel ist ein Bomberman-Verschnitt und jüngst als LowCost-Produkt im Vertrieb des APC&TCP erschienen. Ausgeliefert wird das ganze auf einer Diskette in einer Plastikhülle in CD-Größe ohne jegliche gedruckte Anleitung. Als Dokumentation dient ein sowohl im AmigaGuide- als auch im reinen ASCII-Format auf der Diskette vorhandener Text, der in insgesamt vier Sprachen vorliegt (für die deutsche und die englische Übersetzung hat dabei Sebastian Brylka, der Herausgeber der "FunTime", gesorgt). Die Anleitung ist recht kurz gehalten, erklärt aber alles, was man zu wissen müssen glaubt (und ein bißchen mehr, aber dazu später). Nun hat man die Qual der Wahl, ob man "MegaBlast" direkt von Diskette spielen möchte (was problemlos geht) oder es lieber auf Festplatte installiert. In letzterem Falle wird man von dem APC&TCP-typischen (schlechten) Installationsprogramm geführt, so dass sich der gesamte Vorgang völlig unproblematisch gestaltet. Beim eigentlichen Start des Spiels werden jetzt unter Umständen Nutzer der Grafikkarten-Software "Picasso 96" eine Überraschung erleben. Der Bildschirm von "MegaBlast" wird nicht sauber geöffnet, sondern setzt einen bereits vorhandenen 15kHz-Modus voraus. Das hat zur Folge, dass man unter Umständen - sofern man sein System auf einem "Picasso 96"-Screen laufen läßt - keinen "MegaBlast"-Bildschirm zu Gesicht bekommt. Abhilfe schafft hier nur die entsprechende Veränderung in den Systemeinstellungen. Ein Hinweis auf diesen Mangel hätte der Spielanleitung ganz gut zu Gesichte gestanden.

Doch wenn es dann endlich geschafft ist, befindet man sich nach der nur sehr kurzen Anzeige eines mäßig aufregenden Titelbildes auch schon im Hauptmenü. Und hier heißt es das erstmal, schnell zu sein. Denn wenn man sich nicht rechtzeitig für einen der Menüpunkte "Start", "Options" und "Quit" entscheidet, wird man mit einem "About"-Bildschirm konfrontiert, auf dem sich die beiden Adams zusammen mit ihren Betatestern "verewigt" haben. Der normale Spieler wird sich, sofern er diesen Reaktionstest erfolgreich bestanden hat, zunächst den Optionen zuwenden. Hier kann man die Zahl der Spieler (2-6) und der zum Spielgewinn zu gewinnenden Runden, sowie die Lautstärke der Musik und die Kontrollen der einzelnen Spieler einstellen. Letzteres geschieht sehr komfortabel über einen eigenen Bildschirm. Dabei kann man zunächst für jeden Spieler per Druck auf den Feuerknopf festlegen, ob es sich um einen menschlichen Mitspieler handelt oder ob der Computer diesen Part übernehmen soll. Und dann kann man das Eingabegerät jedes Spielers einstellen. Neben verschiedenen Tasten-Kombinationen stehen dazu auch bis zu vier Joysticks zur Verfügung. Diese Zahl wird mit Hilfe eines Adapters erreicht. Wie man sich einen solchen basteln kann, ist der Anleitung zu entnehmen - ob das allerdings alles so klappt, wie dort dargestellt, konnte im Rahmen dieses Testes nicht verifiziert werden. Den Abschluß des "Options"-Menüs bildet schließlich noch ein Informationsbildschirm, dem u.a. die zur Tastatursteuerung gedachten Tasten zu entnehmen sind.

Das eigentliche Spiel beginnt (international verständlich) mit "Start". Man findet sich auf einem typischen Bomberman-Spielfeld wieder und es geht ohne Countdown oder Vorwarnung los. Das ist insbesondere bei mehr als vier Spielern problematisch, da sich die Spielfiguren nur durch die (anders gefärbte) Mütze unterscheiden und man sich, weil die Startpositionen variieren, zunächst immer kurz orientieren muß. Das können wichtige (über Bildschirm-Tod oder - Leben entscheidende) Sekunden sein, da bei "MegaBlast" das Bomberman-Prinzip eine wichtige Abänderung erfahren hat. Neben den klassischen (statischen) Bomben gibt es hier nämlich auch noch die Möglichkeit, mit Bomben (über Hindernisse hinweg) zu werfen. Dazu muß man den Feuerknopf drücken und - während man ihn noch gedrückt hält - den Joystick in die geplante Wurfrichtung bewegen. Läßt man nun den Feuerknopf los, wirft die Spielfigur die Bombe. Nach einer bestimmten Entfernung explodiert sie dann - mit all den Folgen, die auch bei einer statischen Bombe eintreten. An den Feldbegrenzungen prallt die geworfene Bombe ab und fliegt in die entgegengesetzte Richtung zurück. Und wenn zwei Bomben in der Luft aufeinanderstoßen, prallen beide in einem rechten Winkel ab und ändern ihre Flugrichtung entsprechend. Das ganze ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, kann sich dann aber als effektive Waffe erweisen. Denn nun braucht man sich nicht mehr bis zu den Gegnern durchzubomben, sondern kann sie mit einem kleveren und gezielten Wurf "zur Strecke bringen". Was natürlich auch umgekehrt gilt. Doch Gefahr droht nicht nur von den Opponenten. Zusätzliche Monster bevölkern das Spielfeld und wollen - allerdings nur selten mit intelligenten Mitteln - dem Spieler ans Leder. Eine weitere Erschwerung stellen "metallene", unzerstörbare Hindernisse dar. Hinzu kommen verschiedene Bonusgegenstände, die entweder unter den weggesprengten Steinen oder aber auch zum Teil rein zufällig auftauchen. U.a. ist da eine Flamme, die die Wucht der Explosion von dem betreffenden Spieler abgesetzter Bomben erhöht - hat man genug Flammen aufgenommen, besitzt man eine mit der Artillerie so manchen kleineren Staates vergleichbare Zerstörkraft. Aber die weitaus wichtigste Gruppe von Bonusgegenständen stellen die Fragezeichen dar. Hinter ihnen verbergen sich Überraschungseffekte. Diese können positive Auswirkungen zeitigen, die negativen sind aber wohl in der Überzahl. So führen manche Fragezeichen zu einer Umkehrung der Steuerung - was links war ist nun rechts, oben ist unten -, andere machen die Spielfigur(en) eine Zeitlang unsichtbar, rauben ihr die Fähigkeit, Bomben zu legen, verschaffen ihr die Möglichkeit, sich über Hindernisse hinwegzubewegen, drehen das Spielfeld um 180 Grad oder vertauschen die Standorte der einzelnen Figuren. Damit kommt Leben in die Hatz um den Sieg der jeweiligen Runde. Dieser wird dann in einem gesonderten Zwischenscreen gefeiert, auf dem gleichzeitig der aktuelle Spielstand angezeigt wird. Danach folgt eine neue Runde auf einem neuen Spielfeld. Und wer zuerst die geforderte Anzahl an Runden für sich entscheiden kann, gewinnt das Spiel und darf in einem "Congratulations"-Schirm eine Krone tragend über die anderen triumphieren.

"MegaBlast" bietet zahlreiche verschiedene Hintergrundmusiken - und alle erheben sich nicht nennenswert vom üblichen Amiga-Demosound-Gedudele, egal ob sie im Techno-Beat hämmern, ab und an mal ein E-Gitarren-Sample aufheult oder klassische Melodien zitiert werden. Musikalisch gibt es besseres - aber auch sehr viel schlechteres. Weniger erfreulicher sieht es hingegen in Sachen Grafik aus. Hier wird FD-Niveau nur im Rahmen der (durchaus nett gemachten) kleinen Animationen überschritten. Die Spielfeldgrafiken und das Titelbild hingegen sind für ein kommerziell vertriebenes Spiel eher ärmlich und der "Congratulations"-Schriftzug erinnert stark an eine Rubrikenüberschrift aus der "NoCover" (war das nicht ein "DPaint"-Font ?). Brauchbar ist hingegen die einmal mehr von Epic Marketing für den APC&TCP entworfene Verpackung gelungen - solange es nicht um das geht, was auf ihr geschrieben steht. Denn der "Klappentext" ist ziemlich peinlich und steckt voller Rechtschreibfehler - wobei hier die englische Fassung der deutschen qualitativ weit überlegen ist (im Gegensatz zur Anleitung, bei der die englische Übersetzung zu wünschen übrig läßt). Für zusätzliche Verwirrung sorgt der explizit auf die Verpackung aufgedruckte Hinweis "2-6 Players" - man sollte erwarten, dass der Durchschnittskunde das so auffaßt, als handele es sich bei "MegaBlast" um ein Spiel, für welches man mindestens zwei menschliche Spieler braucht. Dem ist jedoch nicht so - "MegaBlast" spielt sich problemlos auch alleine, wenn man sich mit rein computergesteuerten Gegnern zufrieden gibt. Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, ist schließlich in der Anleitung von einer zweiten "Spielart" die Rede, bei der man wohl als Einzelkämpfer die Steine sprengen und darunter zum Vorschein kommende Diamanten (auf die auch auf der Verpackung hingewiesen wird) aufsammeln muß. Schade nur, daß ein solcher Modus in "MegaBlast" nicht existiert. Hier ist beim Überseer Softwarevertrieb mal wieder einiges schiefgelaufen - erneut hätte man sich mehr Sorgfalt bei der Zusammenstellung eines APC&TCP-Produktes gewünscht.

Bliebe nur noch das Spiel selbst. Auf der Plusseite muß vermerkt werden, dass "MegaBlast" viele und zum Teil auch sehr originelle Bonusgegenstände bietet. Die Möglichkeit, Bomben zu werfen, ist ebenfalls eine spannende Erweiterung des Genres (wenngleich hier auch eine Option zur Deaktivierung dieses Features denkbar und wünschenswert gewesen wäre). Und die Einbindung von bis zu sechs menschlichen Spielern kann für so manche Bomberman-Gaudi sorgen, da das Spielprinzip hierbei von jeher seine Stärken zeigen konnte. Aber auch der gegen rein computergesteuerte Opponenten antretende Einzelspieler wird auf ein nicht zu leugnendes Suchtpotential stoßen. Zu bemängeln gibt es hier jedoch die stark schwankende Intelligenz der rechnergesteuerten Gegner. Mal nehmen sie einen gezielt ins Kreuzfeuer und mal stehen sie bewegungslos auf dem Fleck - ein leichtes Ziel und dementsprechend als Herausforderung eher unbefriedigend. Alles in allem bewegt sich "MegaBlast" hier aber noch im Rahmen des üblichen. Und genau das ist das Problem - das Spiel ist zu gewöhnlich, sowohl in grafischer als auch in spielerisches Hinsicht kann es nichts bieten, was den Spieler in Erstaunen versetzen könnte. Vielleicht mit einer Ausnahme, dem Datum seiner Erstellung. Denn das ist in der Titelgrafik mit 1995 angegeben. Wenig erfreulich ist schließlich auch der programmtechnische Aspekt. "MegaBlast" kann zwar sauber verlassen werden. Es ist jedoch nicht multitaskingfähig, d.h. man kann, während das Spiel läuft, nicht zu anderen Amiga-Programmen wechseln. Und dennoch werden die Bewegungen der Spielfiguren ein wenig ruckelig, wenn es am Bildschirm richtig munter zugeht. Darüber hinaus kommt es gelegentlich zu unzulässigen Speicherzugriffen, glücklicherweise jedoch nur zu weniger gefährlichen illegalen Wort- und Langwort-Lesezugriffen. Als Fazit bleibt ein brauchbarer Bomberman-Clone, der niemandem richtig weh tun, andererseits aber auch keinen so richtig begeistern wird. Wem es nicht auf 30 Mark mehr oder weniger ankommt, kann ruhig zugreifen. Das gilt insbesondere für Besitzer kleinerer Amigas ("MegaBlast" läuft auf jedem Amiga ab 1 MByte Speicher.), die in letzter Zeit angesichts rapide steigender Hardwarevoraussetzungen im kommerziellen Spiele-Sektor etwas ins Abseits geraten waren. Der Rest sollte sich erstmal im FD-Pool umsehen - und dort wahrscheinlich auch fündig werden. Dass man sich mit "MegaBlast" nicht unbedingt einen Kassenschlager angelacht hat, hatte man wohl auch beim APC&TCP erkannt. Anders wäre der (zu Beginn schamlos übertriebene) letzte Satz des "Klappentextes" auf der Verpackung kaum zu erklären: "Wunderschöne Grafik und interessante Effekte werden Dich bis zum bitteren Ende begleiten."

(c) 1998 Andreas Neumann

"Jaja, es mag so aussehen, als sei ich ein etwas pingeliger Mensch, aber diesen schlechten Text kann man doch so nicht auf eine Verpackung drucken. 6 Kommafehler, 2 Rechtschreib- bzw. Grammatikfehler, und ein inhaltlicher Fehler (wo sind die Diamanten?) hätten nicht mal für ein `ausreichend' in einem Diktat gereicht. Also macht es bitte beim nächsten Mal besser, APC&TCP."

-- Jens Schröder im AMIGA AGPJ 07


Zurück