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Interview mit Martin Wolf

Wohl nur clickBOOM hatte sich vor einigen Jahren mit der Ankündigung ihres Spieledebüts, der Prügelorgie "Capital Punishment", soviel vorgenommen, wie nun Martin Wolf mit seiner Firma Eternity und deren nun der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebrachten geplanten Erstling "Tales of Tamar". Dabei wird es sich um ein "Fantasy-Internet-Strategie-Spiel" handeln, und ähnlich komplex wie die Genrebeschreibung sind auch die vorgesehenen Mindestanforderungen, die u.a. einen 6020er-Prozessor, AGA, einen Internet-Anschluß und 4 MByte RAM enthalten. Eternity (http://eternity.amiga-software.com/) wurde im Juni 1994 gegründet, mit dem Ziel, eine neue Software-Firma ins Leben zu rufen. Ein erstes Projekt namens "Honga-Tonga" scheiterte und auch ein weiteres, "Tank", wurde schon bald aufgegeben. Statt dessen wurde unter dem Namen Eternity ab Sommer 1995 ein kleiner Hardware-Handel aufgezogen, der mit der Zeit immer besser lief. Auf der Softwareseite blieb Eternity jedoch das Pech treu. Unmittelbar nachdem ein in Absprache mit Amiga Technologies (AT) programmiertes "Workbench-Demo" fertiggestellt wurde, ging AT bankrott. Im September 1996 startete Martin Wolfs Firma schließlich ihr auch heute noch aktuelles Projekt - die "Tales of Tamar".


AG: Das geplante kommerzielle Softwaredebüt von Eternity wird ausschließlich über das Internet zu spielen sein, ein Modem und eine entsprechende Anbindung an das Datennetz sind Spielvoraussetzung. Wird "Tales of Tamar" von der Deutschen Telekom gesponsort oder siehst Du keine Gefahr, dass sich potentielle Käufer von den zu erwartenden Zusatzkosten abschrecken lassen werden ?
MW: Ich denke, die Telefonkosten für Tales of Tamar werden sich im Rahmen halten. Wir haben extra spezielle Routinen entwickelt, die den Spielzug bzw. das File so klein wie möglich halten. Desweiteren werden nur die tatsächlich benötigten Daten hin- und hergesendet. Jede Information ist auf ein Minimum an Daten reduziert. Wer heute im Internet surft wird in der Regel mindestens ein 14400er Modem haben. Mit solch einem Modem sollte es auf jeden Fall möglich sein, innerhalb einer Telekomeinheit die Daten zu versenden. Das sind dann 0,12 DM pro Spielzug, da der Transfer in der Regel über Email geht und man somit nur den lokalen Provider anruft. User, die solche Kosten abschrecken, erwarten für Ihre Rechner sicherlich auch keine hochwertigen Spiele mehr. "Tales of Tamar" bietet die Chance, auf dem Amiga-Markt wieder innovativ zu sein. Ein solches Spiel gibt es eben noch nicht, noch nicht mal auf dem PC-Markt. Und am Konsolen-Markt kann es so etwas ebenfalls nicht geben, wegen der fehlenden Hardware.
AG: In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Amiga-Spiele offiziell und inoffiziell angekündigt, die dann entweder überhaupt nicht oder doch nur mit erheblicher Verspätung fertiggestellt wurden. Droht eine solche Gefahr auch bei den "Tales of Tamar" ? Und was bedeutet es, wenn das Spiel im Rahmen der Kölner Messe "vorgestellt" werden soll - willst Du eine fertige Version mit in die Domstadt nehmen oder doch eher nur ein paar appetitanregende Screenshots ?
MW: Die Gefahr, dass eine Spielentwicklung eingestellt wird, besteht immer. Ich selbst musste dies ja schon einmal miterleben. Bei "Tales of Tamar" gehe ich jetzt allerdings den Weg der Auftragsarbeit, d.h. jeder Mitarbeiter bekommt Aufträge und bereits nach Fertigstellung des Auftrages wird das entsprechende Honorar ausgezahlt.

Dadurch ist u.a. eine wesentlich bessere Arbeitsmoral entstanden. Ein klarer Pluspunkt für dieses Projekt. Es steht halt ein entsprechendes Budget zur Verfügung.

Trotzdem, gute Leute sind heute schwer zu bekommen und es brauchen nur beide Grafiker tot um zufallen und schon ist das Projekt erstmal wieder unsicher. B)

Für die Kölner Messe haben wir uns fest vorgenommen eine fertige Demo zu releasen. Zu diesem Zwecke haben wir extra einen zweiten Full-Time-Programmierer eingestellt, Christian Beer.

Die Frage ist allerdings gar nicht so sehr, wann dieses Spiel fertig wird, sondern wann dieses Spiel spielbar wird. "Tales of Tamar" wird in seiner Entwicklung nämlich kein Ende finden. Und spielbar wird es schon in zwei Monaten sein. Allerdings nur für Betatester. B)

AG: Ist es nicht sehr mutig, sich für sein kommerzielles Spieledebüt (nachdem ja zuvor zwei Anläufe gescheitert waren) gleich ein derart komplexes Spielprinzip auszudenken, das wohl alles bisher am Amiga dagewesene insoweit in den Schatten stellen kann ? Hast Du keine Angst vor der eigenen Courage ?
MW: Doch. Du triffst den Nagel auf den Kopf...

Leider Gottes schwirrt mir Tales of Tamar schon seit meiner Jugend im Kopf herum und es ist für mich quasi ein zwanghaftes MUSS, dieses Spiel zu verwirklichen. Erst heute haben wir durch das Internet die Technik, solch ein Spiel zu realisieren.

Ich wollte schon in der Gründungszeit von Eternity "Tales of Tamar" machen, aber sämtliche Mitarbeiter wollten eher ein anderes Projekt und so habe ich mich damals gefügt. Aus heutiger Sicht sicherlich ein Fehler sonst, wäre "Tales of Tamar" schon zu haben. Aber was soll's. Es ist immer noch ein innovatives Konzept und ich werde alles daransetzen, es dem Amiga zu schenken.

Trotzdem kann ich jede Hilfe gebrauchen. Wenn also da draussen noch fähige Leute sind, die sich etwas Geld nebenbei verdienen wollen, sollten Sie ruhig anrufen :

02234-272300

AG: In vielen Punkten erinnert das Prinzip einer Fantasy-Welt, in der menschliche Spieler miteinander über das Internet interagieren können, nicht nur an "Diablo" sondern sehr stark auch an "Ultima Online". Inwieweit habt Ihr Euch von den PC-Vorbildern inspirieren lassen ? Und welches hat Dir besser gefallen ?
MW: Beide Spiele sind fantastisch. Besonders "Diablo" hat mich sehr beeindruckt. Schade, dass es bis heute kein gleichwertiges Amiga-Game gibt, denn besonders diese Art von Spiele kann man selbst mit AGA-Hardware hervorragend verwirklichen. Vielleicht nicht in der selben Auflösung aber zumindest in der Grafikqualität.

Ich bin sehr gespannt auf die Diablo-Clones, die der Amiga-Markt so in nächster Zeit hervorbringen wird.

Trotzdem haben wir uns von beiden Spielen nicht inspirieren lassen. "Tales of Tamar" war von Anfang an eine eigene Idee und ein eigenes Konzept. Es knüpft an traditionelle Strategie-Spiele wie Kaiser oder Hanse an und gibt Ihnen den letzten Kick, indem Spieler aus aller Welt gegeneinander spielen können.

Der Nachteil bei "Ultima Online" oder "Diablo" war immer die Kurzlebigkeit eines Spieles. Der Spieler kann eben nur solange spielen wie er online ist. Ist er offline stirbt das Spiel oder es findet eine Spielzeitverzerrung statt.

Bei "Tales of Tamar" gibt es all diese unrealistischen Dinge nicht. Der Spieler spielt offline und sendet seinen Zug an den Server. Dieser wertet all die eingehenden Züge in bestimmten Intervallen aus.

AG: Auf der Mitarbeiter-Seite der Eternity-WWW-Seiten findet sich eine ganze Armada von Programmierern. Wie wird das Projekt koordiniert ? Läuft das alles über das Internet oder trefft Ihr Euch auch persönlich ? Und mit welcher Entwicklungsumgebung wird an "Tales of Tamar" gearbeitet ?
MW: Na ja, eine ganze Armada ist es noch nicht. Ich hätte gern noch ein paar Programmierer mehr. Das Projekt wird A: durch das IRC koordiniert und B: durch ein momantan 70seitiges Konzept, das alle Dinge des Spieles ausführlich beschreibt. Persönlich treffen wir uns selten.

Als Entwicklungsumgebung haben wir hier Storm C, Devpac, PPaint, Cinema 4D und viele, viele kleine Tools. Die Rechner sind in der Regel PPC-Amigas mit Grafikkarten in verschiedenen Ausführungen. Im Büro haben wir z.Z. ca. 10 Amigas stehen.

Wer uns auf IRC treffen will braucht sich nur auf irc.germany.net Kanal #Amiga einzuloggen und nach den Nicks Ice, Arka, Xin, CeaBear, Wolfen, Bananna, Hitman oder Zenti zu suchen.

Diesen Kanal muss ich im übrigen sehr loben. Alles findige Amiganer, die auch mal helfen, wenn es Probleme gibt!

AG: Unter den Mitwirkenden finden sich "Gadget"-Lesern aus der letzten Ausgabe bekannte Namen wie Bülent Kayali ("Online") und Marc Albrecht ("A.C.T."). Wie sind diese, die bisher eher durch die Programmierung von Anwendungen denn durch Spieleentwicklung auffielen, zu Deinem Team gestoßen ?
MW: Bülent Kayali habe ich einfach angesprochen. Ein klasse Programmierer, der Aufträge zuverlässig erledigt und sauber dokumentiert abgibt. Marc Albrecht und ich kennen uns seit ca. einem Jahr. Die Zusammenarbeit ist in dieser Zeit schon fast zur Freundschaft geworden und ich bin zuversichtlich, dass aus seiner und meiner Ecke noch einiges zu hören sein wird.

Er selbst ist IMHO mit Thomas Wenzel einer der fähigsten Programmierer auf dem Amiga-Markt. Marc ist, genauso so wie ich, ein eingefleischter Rollenspieler, wenngleich uns leider unsere momentane Berufstätigkeit kaum Zeit dazu lässt.

Unser gemeinsames Ziel ist es, dass die Idee "Amiga", mit allem, was daran hängt und verbunden ist, überlebt.

Leider werden uns immer wieder Steine in den Weg geworfen. Wenn es nach Marc ginge, hätten wir heute schon einen reinen PPC-Amiga.

AG: Neben vielen freundlichen Worten findet sich auf den kurzen Online-Steckbriefen auf den Eternity-Seiten auch zum Teil recht drastische Kritik an (ehemaligen) Mitarbeitern (z.B.: "bisher größte Pleite"). Fürchtest Du nicht, mit diesem Stil potentiell an einer Zusammenarbeit interessierte Programmierer, Grafiker oder Musiker abzuschrecken ?
MW: Ich brauche grundsätzlich professionielle oder semiprofessionelle Mitarbeiter. Wenn ich auf diese Ankündigung hin nicht irgendwann das Spiel der Spiele folgen lasse, bin ich genauso der Buh-Mann. Dem Druck stelle ich mich. Ich kann es deshalb nicht akzeptieren, wenn Mitarbeiter Ankündigungen machen und sie diese nicht einhalten, wenn sie Aufträge annehmen und diese nicht durchziehen. Ich kritisiere solche Dinge ganz offen.

Es müsste allgemein ein wesentlich härterer Wind auf dem Amiga-Markt herrschen. Wie viele Projekte sind schon zugrunde gegangen, nur weil eine zu lasche Arbeitsmoral an den Tag gelegt wurde? Jeder, der im Team ist und nichts tut, wirkt sich auf Andere wie ein Virus aus. Der fleissige wird demotiviert und hört ebenfalls auf zu arbeiten. Das Projekt stirbt langsam.

Wer sich hierdurch abschrecken lässt ist mit Sicherheit auch kein Mann für uns! D.h. allerdings nicht, dass wir nicht auch Talente fördern und in Sachen Spieleentwicklung ausbilden.

In dem Fall, den Du ansprichst, ist im übrigen von "meiner größten Pleite" die Rede. B)

AG: Die bisher zur Verfügung stehenden Screenshots zeugen von einer für Amiga-Verhältnisse bemerkenswerten grafischen Qualität. Wie wichtig war die bewusstseinsbildende Wirkung des Designs bei der Projektplanung ?
MW: Die hervorragende Grafik ist natürlich ein Ansporn für alle Mitarbeiter. Wir müssen diese Qualität allerdings auch erreichen, denn wir wollen uns eines Tages mit dem PC messen. Nicht weil wir zum PC wechseln wollen, sondern weil das Spiel plattformübergreifend spielbar sein soll.

Und warum soll der Amiga nicht auch endlich mal wieder ein Strategical mit guter Grafik bekommen ? Ich denke, wir haben in der Hinsicht einen guten Kompromiss zwischen sinnvoll und nicht sinnvoll getroffen. Spielbar ist das Spiel schon auf einem Amiga 1200 mit 4 MB FAST. Und ich meine spielbar, nicht anschaubar! Trotzdem werden bei der Auflösung von 640*480 Pixeln Grafikkarten-Besitzer einen klaren Vorteil geniessen können. Das Spiel wird desweiteren bis zu 32 MB Ram ausnutzen. Auch PPC-Karten-Besitzer werden bei Animationen und Scrollings klare Vorteile geniessen. Ich nenne das dann immer "Hardware-Skalierung".

AG: Ohne ein RTG-System wird "Tales of Tamar" selbst auf einem AGA-Amiga laut Ankündigung nicht mehr laufen. Müssen Deiner Meinung nach nun auch die Amiga-Anwender sich neuen Hard- und Softwarestandards öffnen, wenn sie weiterhin aktuelle Software nutzen wollen - so wie es in der Wintel-Welt schon von jeher üblich war ?
MW: Ääähm. Also zunächst einmal wird "Tales of Tamar" auf jeden Fall auf AGA lauffähig sein.

[Gemeint war, dass laut Ankündigung auch auf AGA-Systemen "CyberGraphX", also ein RTG-System, benötigt wird. (an)]

Es unterstützt allerdings JEDE Grafikkarten-Software, nicht nur Cybergraphics oder Picasso 96. Grundsätzlich sollte aber heutzutage wirklich jeder Amiga mit Grafikkarte und Soundkarte ausgestattet sein. Wenn es geht sogar mit PPC-Board. Wir müssen uns in dieser Hinsicht am PC-Markt orientieren. Die Zeiten des A1200 mit OS3.1 ohne alles sind endgültig vorbei! Aus. Schluss. Ein Amiga sollte heute Internet-fähig sein, er sollte mindestens 800*600 Pixel für die Workbench darstellen können und 16 Bit-Module oder Samples abspielen können. Erst dann kann er bedingt durch sein sparsames und flexibles Betriebssystem eventuell wieder beeindrucken.

Gute Spiele fordern gute Hardware. Ich sehne den Zeitpunkt herbei, wenn ich mit dem PPC-Amiga den PC oder den Power-Mac emulieren kann. Ich sehne den Zeitpunkt herbei, an dem Q+++e für PPC mit Permedia2-Unterstützung heraus kommt oder wenn Claws of the Devil auf meinem Rechner in 800*600 ruckelfrei läuft.

Das sind Dinge die der Amiga braucht. Nichts anderes.

AG: Für die PowerPC-Unterstuetzung greift Ihr auf WarpOS von Haage & Partner zurück. Geschieht das nur, wie verlautbart, aus Stabilitätsgründen, oder ist phase 5's PowerUP wirklich deutlich langsamer, wie Haages Firma stets behauptete, als man sich mit den Oberurselern noch im Streit befand ?
MW: Deutlich langsamer ist Power-Up auf gar keinen Fall. Es ist einfach noch nicht ausgereift. Es ist instabil. Für uns ist es derzeit auch eine Frage des Compilers. Wir entwickeln mit Storm C, weil es der einzige Compiler mit aktiver Firmenunterstützung ist. Der Code lässt sich sehr, sehr einfach auf PPC umsetzen. Das schont das Budget und spart Ressourcen...
AG: Später soll auch eine PC-Version von "Tales of Tamar" erscheinen, deren Spieler sogar in dieselbe virtuelle Welt wie die Amiga-Spieler versetzt werden sollen. Wann wird mit der Konvertierung begonnen ? Noch bevor die Amiga-Fassung fertig ist ? Und wer wird diese übernehmen - macht Ihr das selbst oder sucht Ihr nach externen Programmierern, bzw. Programmierteams ?
MW: Für die PC-Version suchen wir genauso wie für die Amiga-Version Programmierer. Es wird alles in unserer Hand bleiben. Mit der Konvertierung wird Ende Dezember begonnen. Grundsätzlich wird die Amiga-Version immer ein wenig weiter sein als die PC-Version.
AG: Eine Besonderheit des "Tales of Tamar"-Prinzipes soll darin liegen, dass sich das Spiel weiterentwickeln kann, ohne dass man ein neues Programm kaufen muss. Wie hat man sich das vorzustellen ? Bekommen die Spieler nur einen relativ simplen "Client" und findet die eigentliche Programmleistung auf einem Eternity-Server statt, der dann auch weiterentwickelt werden kann ? Und wenn dem so ist - wie leistungsfähig wird dieser Server sein ? Bestünde keine Gefahr der Überlastung, wenn viele Spieler gleichzeitig in "Tamar" weilen ?
MW: Client und Server werden ständig weiterentwickelt. Der Spieler wird sich die erste Version im Handel oder im Aminet besorgen und installieren. Im Anschluss gibt es dann die integrierte FTP-Download-Möglichkeit d.h. der Spieler geht ins Lager des Spieles und kann auf dem Server nachschauen, ob ein Update vorliegt.

Wenn dem so ist, kann er sich das Update downloaden und automatisch hat er die neueste Version.

Es ist so, dass der Client quasi nur ein Terminal zum Server dargestellt. Gewisse logische Dinge wird er können, komplexe strategische Dinge wird nur der Server auswerten.

Die Gefahr der Überlastung besteht definitiv nicht. Der Server wird auf reinem Power-PC-Code laufen und ist somit schnell genug. Geplant und angepeilt sind vier Stunden Verarbeitungszeit des Servers pro Spielzug.

Aber selbst wenn der Server einmal länger benötigen sollte wird das im gewissen Rahmen nichts ausmachem. Wir haben hier kein Echtzeit-Strategie-Spiel sondern ein rundenbasiertes Game.

AG: In der Vergangenheit hat Eternity zahlreiche Schwierigkeiten meistern müssen, stand als Softwarefirma wohl sogar des ölfteren kurz vor dem Ende. Was hat dich zum Weitermachen motiviert ? Wie wichtig war der Erfolg des Hardwareverkaufs für das Weiterbestehen von Eternity ? Und was verleiht Dir die Zuversicht, dass es nun endlich auch auf der "Softwareschiene" klappt ?
MW: Schwierigkeiten hatten wir in der Tat. Es sind immer wieder kreative Kräfte abgewandert und haben aufgehört. Soetwas ist aber bei einem kleinen Budget immer die Gefahr. Es braucht sich nur ein großer PC-Hersteller unsere Homepage anzuschauen und uns die Grafiker wegzunehmen und schon steht wieder alles auf der Kippe.

Der Hardwareverkauf hat nur insofern eine Bedeutung, als dass er uns das Leben während der Entwicklung von Tales of Tamar etwas einfacher macht. Jede Mark wird wieder in Routinen gesteckt und kommt somit recyceld zum Kunden zurück B)

Ansonsten hat der Hardwareverkauf und Service natürlich für die Kunden eine grosse Bedeutung. Teilweise sind sie sehr dankbar. Dadurch, dass wir echte Amiga-Freaks sind, lösen wir manchmal Probleme, mit denen sich andere Händler gar nicht erst befassen wollen. Die Zuversicht, dass aus "Tales of Tamar" endlich etwas wird, bekomme ich durch das Auftragshandling und die Arbeitsmoral der Mitarbeiter...

AG: Wie "Tales of Tamar" soll in Köln auch das AmigaOS 4.0 vorgestellt werden. Was hälst Du von den WoA-Ankündigungen, die Amiga Inc. im Mai gemacht hat ? Ist das der richtige Weg ? Wird Eternity diesen auch bei der Softwareentwicklung unterstützen ? Oder wandelt Ihr eher auf dem PowerPC-Pfad ?
MW: Nichts. Dafür habe ich kein Verständnis. Ich war selber auf der WOA und habe das Chaos dort miterlebt. Aber okay. Wir werden ja sehen, was passiert. Mir persönlich tun nur all die Amiga-User leid, die bis dato wieder mal an die neue Zukunft mit PPC geglaubt haben! Die wurde ja damit zunächst wieder in Frage gestellt...
AG: Gibt es schon konkrete Pläne über Eternity-Projekte nach der "Tales of Tamar"-Fertigstellung ? Ist beabsichtigt, die beiden Eternity-Entwicklungen, die nicht fertiggestellt wurden ("Honga-Tonga" und "Tank"), doch noch zu vollenden oder zumindest die bereits geleistete Vorarbeit irgendwie für Neuentwicklungen zu verwerten ?
MW: Ja es gibt definitiv Pläne über weitere Amiga-Entwicklungen. Diese hängen Punkt A davon ab, welche Ideen davon schon bis zur Fertigstellung von "Tamar" von anderen umgesetzt wurden und Punkt B von der allgemeinen Situation des Amiga... Das Produkt "Honga-Tonga" wird nicht auf den Markt kommen, da sämtliche Sources bei einem Plattencrash verloren gegangen sind. Das schlimme daran war, dass damit gleichzeitig eine wirklich gute Game-Engine verloren gegangen ist, die man problemlos für eine ganze Reihe von Spielen hätte verwenden können.

So mussten wir für "Tales of Tamar" wieder von vorne anfangen. 2 Jahre Arbeit für die Katz...

"Tank" wird ebenfalls nicht kommen. Von der Konzeption ist es zu alt und erinnert an Amiga-Spiele der 80er Jahre. Es sollte damals ein "einfaches" Spiel werden, um überhaupt mal den Einstieg zu finden.

Nein, wenn wir fertig sind mit "Tales of Tamar" haben wir besseres vor.

AG: Mit welchem Rechner arbeitest Du privat ? Kann man mit einem Amiga einen Hardware-Handel auch logistisch und kaufmännisch sinnvoll verwalten ? Oder muss da doch ein PC her ?
MW: Nein, man kommt definitiv für viele Dinge mit einem Amiga aus. Erst wenn Programme sehr speziell werden, kommt man nicht drumherum. Teilweise muss ich sogar sagen, dass ich im Büro auf Amiga nicht verzichten will, da erstens die Büroeinrichtung wesentlich weniger gekostet hat und zweitens der Amiga wesentlich effizienter genutzt werden kann. Viele Dinge sind mit einem Amiga einfach schneller zu erledigen als mit einem PC.

Lediglich für eine Lohnbuchhaltung mit direkter Krankenkassenanbindung musste dieses Jahr ein PC her. Aber mit dem Ding gibt es auch wesentlich mehr Ärger als mit den Amigas.

Privat arbeite ich NUR mit Amiga.

AG: Zum Abschluss noch die üblichen Fragen zur Person - wenn es denn gestattet ist. Kannst Du uns mit den wichtigsten Angaben zu Deiner Biographie aushelfen ? Wie alt bist Du ? Betreibst Du Eternity als Vollzeitjob oder nebenher ? Was sind Deine Zukunftspläne ?
MW: Ich bin 28 Jahre alt und somit 1970 geboren. Nach dem Gymnasium habe ich eine Ausbildung als Chemielaborant abgeschlosssen und mich 1992 selbständig gemacht. Heute besitze ich zwei Firmen mit insgesamt ca. 25 Mitarbeitern, ohne die "Tales of Tamar"-Beteiligten mitzurechnen.

Eternity ist für mich ein Vollzeitjob, da ich einer der Programmierer bin. Meine Zukunftspläne sind, eine funktionierende *Softwarefirma* aufzubauen, wobei ich mir wünsche, dass der Amiga dabei eine wichtige Rolle spielen sollte.

AG: "Tales of Tamar" basiert auf einem Fantasy-Background. Interessiert Dich dieses Genre auch privat - liest Du gerne Fantasy-Bücher, spielst Du Fantasy-Rollenspiele oder siehst Du Dir entsprechende Kinofilme, bzw. TV-Produktionen an ? Worin liegt der Reiz der Fantasy ?
MW: Jepp. Ich bin eingefleischter Rollenspieler. Leider fehlt mir seit der Selbstständigkeit die Zeit, diese Dinge weiter zu verfolgen.

Fantasy und alles was damit in Zusammenhang steht, ist nach meiner Meinung eine Auswirkung der Zivilisationsprobleme der heutigen modernen Zeit. Wir sehnen uns nach einer Welt, in der man noch Abenteuer erleben kann, in der ein Mann noch seinen Mann stehen muss und in der jeder seinen sinnvollen Platz zugewiesen bekommt und nicht nur eine Nummer unter vielen anderen ist. Ob es jetzt Drogen, Fernsehen, Kino, Rollenspiele oder allgemein Computerspiele sind - es stellt alles nur eine temporäre Flucht aus unserer eigenen Welt dar.

Fantasy-Rollenspiele bieten den Reiz Kindheitsträume auszuleben. Wir schlüpfen in die Rolle eines anderen Menschen und müssen uns in dieser behaupten. Wir müssen gegen Monster kämpfen, mit fremden Wesen verhandeln, neue Länder erforschen usw.. Alles das sind Dinge, wovon man als Kind immer geträumt hat.

Ich verschlinge alles, was mit Fantasy zu tun hat.

AG: Nachdem die neue Bundesligasaison unmittelbar bevorsteht, gewinnt die nachfolgende (traditionelle) Frage unvermittelt an Brisanz: Wer wird Deiner Ansicht nach 1998/99 Deutscher Meister ? Und wird der 1. FC Köln den direkten Wiederaufstieg schaffen ?
MW: Meister wird Bayern München. 1. FC Köln wird den Aufstieg wohl nicht schaffen. Stattdessen wird Fortuna Köln endlich aufsteigen.
AG: Nicht minder wichtig: Kennst Du das "AmigaGadget" ? Und wenn ja - wie findest Du es ?
MW: Ja ich kenne es. Grundsätzlich finde ich es gut.
AG: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Wir wünschen Dir und Deinem Team viel Erfolg mit Eternity und den "Tales of Tamar" !

[ Das Interview führte (an) für das "AmigaGadget". ]

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