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Interview mit Hartmut Semken

Wenn man als unbefangener Beobachter die Geschehnisse in der Welt des "Cyberlaw", des Rechtes der neuen Medien und der Datennetze, verfolgte, konnte man in jüngerer Vergangenheit den Eindruck gewinnen, mit Juristen und Informatikern verhalte es sich wie mit Feuer und Wasser - wo der eine die Oberhand hat, ist für den anderen kein Platz. Doch glücklicherweise gibt es immer wieder Pioniere, die den Spagat zwischen beiden Welten wagen. Und dank der Kommunikationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, kann von diesen Grenzgängern durchaus effektiv wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet werden. Ein solcher Vermittler zwischen juristischer und informationstechnologischer Denkweise ist auch Harmut Semken, der beruflich im Vertrieb des Berliner Providers INX beschäftigt ist. Mit seinem fundierten technischen Know-How und seiner Aufgeschlossenheit gegenüber juristischen Argumentationen bereichert er seit einiger Zeit die vom Münsteraner Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht betriebene Netlaw-Mailingliste, die von einem nicht unerheblichen Teil der im Bereich der neuen Medien engagierten Juristen Deutschlands gelesen wird. Das folgende Interview mit Harmut Semken war ursprünglich für das "AmigaGadget"#37 geplant, wurde jedoch bedauerlicherweise nicht mehr rechtzeitig fertig. Wegen des aktuellen Bezugs wird es daher ausnahmsweise zuerst im WWW veröffentlicht und erst später, Ende November, im Rahmen der nächsten "Gadget"-Ausgabe.


AG: Das Amtsgericht München attestierte jüngst dem zuvor wegen Verbreitung kinder- und tierpornographischen Materials verurteilten Felix Somm eine günstige Sozialprognose, die es insbesondere damit begründete, dass Somm nun nicht mehr Geschäftsführer von Compuserve Deutschland sei. Fühlen Sie sich als nach wie vor aktiver Mitarbeiter eines Internet Service Providers (ISP) als Angehöriger eines kriminellen Milieus ?
HS: Manchmal kann man den Eindruck gewinnen, dass das Internet mit Gewalt kriminalisiert werden soll, indem in der Öffentlichkeit verschiedene Begriffspaare bei denen "Internet" die eine Hälfte ist, immer in einem Atemzug genannt werden.
In der Tat ist das Internet eine hochgradig nützliche Angelegenheit und viele Nutzer wissen das auch. Die Tatsache, dass diese Techniken auch missbraucht werden können, ist bedauerlich.

Ich fühle mich nicht kriminell. Wenn ich Auto fahre, fühle ich mich auch nicht als Selbstmörder.

AG: Sind Sie erleichtert, dass das Urteil und seine Begründung ganz überwiegend auf Ablehnung gestossen sind ? Oder gehen Sie davon aus, dass die Verurteilung sowohl Berufung als auch Revision überstehen und der "Fall Somm" somit zu einem Präzedenzfall werden könnte ?
HS: Erleichtert ja, aber viel zu wenig. Das Urteil wird keinen Bestand haben, das zeigt schon die fassungslose Reaktion der Mehrzahl der Juristen, die das Thema auch nur ansatzweise durchschauen.
Aber das ist einfach zu wenig: in der Öffentlichkeit beginnt sich festzusetzen, dass das Internet böse ist.
Das Somm-Urteil von Richter Hubbert hat nun eine neue Komponente hinzugefügt: man kann "Schuldige" finden und verurteilen. Der Ruf nach solchen Sündenböcken wird denn auch immer lauter, denn diese sind leichter auszumachen als die wahren Kinderschänder.
AG: In letzter Konsequenz hätte Somm, wenn er den von Richter Hubbert postulierten Pflichten Folge leisten wollte, wohl jedenfalls hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Verstöße gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften die Verbindung zu Compuserve USA kappen müssen. Ist diese weitgehende Verantwortlichkeit des ISP in Zeiten der Informationsgesellschaft legitimierbar oder auch nur sinnvoll ?
HS: Eine sehr gute Frage.
Jedem Verkehrsteilnehmer auferlegen wir eine gewisse Verantwortung, das fängt bei der Kindererziehung an ("*erst* schauen, dann über die Straße gehen").
Im Informationszeitalter werden auch die Anbieter, die "Hersteller" und auch die Transporteure von Informationen eine gewisse Verantwortung zu tragen haben - keine Frage.
Aber wir machen bei der Einfuhr gefälschter Markenartikel auch selten den Spediteur haftbar, der das Zeug nach Deutschland geliefert hat sondern nehmen nur seine Mitwirkung bei der Suche nach den Tätern in Anspruch.

Einen typischen ISP (Internet Service Provider) sehe ich als Spediteur für Datenpakete, so wie die Post eben Warenpakete versendet.
Der Vergleich hinkt sicher - wie alle Vergleiche - aber er zeigt, dass der ISP nicht automatisch für alle Inhalte verantwortlich sein kann, die über sein Netz laufen.
Derartige Forderungen aufzustellen ist ein Ruf nach einem Sündenbock und hilft uns nicht weiter.

AG: PSINet, der US-Internet-Carrier, dem INX gehört, hat als Reaktion auf das Somm-Urteil sowie ein weiteres Urteil eines Münchener Gerichtes (in diesem Fall des OLG München) bereits angekündigt, nicht mehr in "Einrichtungen zur Speicherung und Zwischenspeicherung von Webinhalten" in Deutschland investieren und vorhandene Kapazitäten entsprechend abbauen zu wollen. Droht dem Internet-Standort Deutschland das Aus, bzw. die Rückentwicklung zur reinen Übertragungslandschaft ?
HS: Das war in der Tat ein schwerer Schlag, die Entscheidung ist und bleibt aber richtig. Man kann eben keine neuen Investitionen tätigen an einem Standort, der eine diffuse, dem Gerechtigkeitsempfinden teilweise diametral entgegengesetzte Rechtslage hat.

Aber ich gebe Deutschland noch nicht auf.
Das "Multimediagesetz" ist leider nicht der angekündigte große Wurf geworden, aber das kann ja noch kommen.

Deutschland ist ein High-Tech-Standort und kann da an eine gute Tradition anknüpfen. Viel mehr als die Rechtslage dämpfen doch die immensen Kosten für Telekommunikation die Entwicklung: auf ein Angebot an die deutsche Tochter eines amerikanischen Unternehmens kann schon mal die Frage kommen, ob wir uns bei der Ermittelung der Kommunikationskosten nicht vielleicht mit dem Komma vertan hätten: da sei eine Null zuviel. In Deutschland ist das eben so.

AG: Ein Teil der deutschen Provider, darunter so illustre Namen wie UUNET, Xlink und Nacamar, beteiligt sich am Testbetrieb des "Newswatch"-Systems, mit dem am zentralen Austauschpunkt DE-CIX die (Header)Daten gesammelt werden sollen, die zur Rückverfolgung eines Postings erforderlich sind, und in dessen Rahmen verdächtige Newsgroups gelegentlichen Stichprobenkontrollen unterzogen werden sollen. Ist das Verfahren technisch ausgegoren ? Weist es vielleicht, etwa zusammen mit dem "WebBlock"-Konzept, gar den Weg zu einem für die Zukunft tragfähigen Kompromiss zwischen Meinungsfreiheit und Jugendschutz - oder trügt die Hoffnung der Beteiligten, so ihrer Verantwortung gerecht werden zu können (sofern sie dies überhaupt müssen) ?
HS: Gegen einen Testbetrieb ist nichts zu sagen: der wird erweisen, was das System taugt. Nämlich vermutlich gar nichts.

Die Diskussion, ob eine anonyme Nutzung des Internet auch zum Publizieren erlaubt sein soll, hat der deutsche Gesetzgeber ja eindeutig beantwortet. Auch das Veröffentlichen soll anonym erfolgen können. Das bringt ein paar Nachteile mit sich, die wir eben in Kauf nehmen müssen.
Ein System, das news eindeutig einem Absender zuordnet, und zwar so stark, dass die Zuordnung im Zweifelsfall vor Gericht beweisbar wäre, halte ich für schlechterdings unmöglich: es würde Änderungen zur Authentifizierung der Sender an allen Stellen erfordern, an denen news gesendet werden können. Nicht durchsetzbar.
Eine andere Frage ist, wie man verhindert, dass ein derartiges System missbraucht wird, z.B. um missliebige Leute zu diskreditieren. Schwer machbar.

Bei der Diskussion um die sog. Filterung von Internet-Inhalten laufen mir immer wieder Gruselschauer über den Rücken. Wenn man eine Maschine damit betrauen will, festzulegen was weitergeleitet wird und was nicht, dann muss diese Maschine den Sinn eines Textes zu verstehen. Den Sinn, nicht die einzelnen Wörter, denn der Satz "ich lehne für mich Mord und Totschlag ab" enthält auch die Reizworte "ich" "Mord" und "Totschlag", aber in einem Sinn, der wohl nicht verboten ist.

Wenn Sie aber ein Computerprogramm hätten, das den Sinn eines Textes versteht, dann müssen Sie diesem jetzt "nur" noch beibringen, welcher Sinngehalt verboten und welcher erlaubt ist. Das ist fast noch kniffliger.

Das wird nicht funktionieren, dafür sind Computer einfach zu doof. Also wird ein Filterprogramm entweder zuviel ausfiltern - das ist verfassungswidrig, da es die Meinungsfreiheit einschränkte - oder zuwenig, dann ist es nutzlos (und damit auch wieder verfassungswidrig weil unverhältnismäßig).

AG: Wie wäre Ihrer Auffassung nach die Verantwortlichkeit von Content-, Service- und Access-Providern am sinnvollsten gesetzlich zu regeln ? Inwieweit sind die Bestimmungen des Teledienstegesetzes und des Mediendienstestaatsvertrages nachbesserungsbedürftig ?
HS: Wie beim Telefonnetz oder Straßennetz auch: der ISP ist zunächst mal nicht verantwortlich für das, was über sein Netz läuft/transportiert wird.

Für einen Inhalt, der über das Netz transportiert wurde oder werden könnte, haftet m.E. der, der den Inhalt erstellt und in das Netz gestellt hat, nicht der Transporteur. Bei Zeitschriften haften Verlag und die Druckerei auch nur sehr eingeschränkt für den Inhalt von Anzeigen.

Der Geist dieser Idee kann aus dem TDG schon gelesen werden: der ISP ist für transportierte Daten nicht, für bei ihm gespeicherte Daten (Web-Server stehen typischerweise beim Provider, nicht bei dem, der den Inhalt erzeugt) auch nur sehr eingeschränkt: er muss Daten unzugänglich machen, hat aber sonst keine Konsequenzen zu befürchten. An dieser Stelle ist noch ein wenig feilen im Detail - wann müssen Daten entfernt werden - angesagt, aber die grobe Richtung stimmt schon.

Das Problem sind - wie so oft - die Begriffsdefinitionen. Viele haben bei einem Begriff wie ISP nur ein Beispiel vor Augen und setzen alles damit gleich. Ein beliebtes Beispiel ist der Online-Dienst wie AOL, wo Access-Provider und Content-Provider kaum zu trennen sind.
Aber das Internet ist anders, und dem wird das Gesetz nicht immer gerecht.
Auch die Probleme mit den Zuständigkeiten - ist ein Web-Server so etwas wie ein Rundfunksender? Ist also das Bundesland oder der Bund zuständig - und die verwirrende Vielzahl von Tele-Begriffen (Telekommunikationsdienst, Teledienst etc.) machen das Gesetz nicht laienverständlicher.

AG: Kurz vor dem Somm-Urteil sorgte ein anderer Akt deutscher Staatsgewalt für Aufregung in der Internet-Gemeinde. Aus dem Bundesministerium für Wirtschaft gelangte im Frühjahr der Entwurf einer Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) an die Öffentlichkeit, der jedoch nach massiven Protesten seitens der betroffenen Industrie vorerst wieder in der Schublade verschwunden ist. Erwarten Sie wirkliche Nachbesserungen oder wird nach der Bundestagswahl alles beim alten bleiben ? Sind die technischen Anforderungen, die sich aus dem TKÜV-Entwurf ergeben, wirklich so hoch, dass kleinere Provider sie nicht erfüllen könnten ?
HS: Durchaus. Selbst die Großen hätten an einer faktischen Verdopplung ihrer Fixkosten zu schlucken gehabt.
In Deutschland sind die Telefonkosten mit die höchsten auf der Welt. Diese Kosten sind aber die Hauptkosten der ISPs, denn auch diese benutzen die gleiche Art von Telekommunikationsleitungen.

Daher wäre selbst eine Steigerung der Kosten um "nur" 15% ein herber Schlag ins Kontor. Und damit wären die Kosten für eine Infrastruktur, die jeden ISP mit den "Bedarfsträgern" verbindet und ständig bereitgehalten werden muß, nicht zu decken.

Ob das Abhören von Telefonen überhaupt eine gute Idee ist, ist noch nicht erwiesen.
Eine Hackertraum-Maschine (eine Maschine, die auf Kommando Daten belauscht und an einen Dritten weitergibt) halte ich für eine noch fragwürdigere Idee.

AG: Im Rahmen einer Online-Kommunikation fallen, noch mehr als beim normalen Telefonat, sehr viele Daten an, die auszuwerten und zu nutzen für die ISP und andere Diensteanbieter verständlicherweise verlockend ist. Dem stehen (zumindest dem Wortlaut nach) sehr rigide Datenschutzgesetze gegenüber. Wie löst sich dieser Konflikt Ihrer Erfahrung nach in der Praxis ? Kann ein im Vergleich zum Ausland so hoch gezäunter Datenschutz auf die Dauer überhaupt durchgehalten werden, wenn man nicht den Anschluss an die globale wirtschaftliche Entwicklung verlieren will ?
HS: Ja, denn es ist auch ein Faktor, der Vertrauen schafft. Und Vertrauen ist eine wichtige Grundlage fürs Geschäft.
Die Unseriösen unter den Anbietern mögen kurzfristig erfolgreich sein, indem Sie Kundendaten ausbeuten und daraus Gewinn erzielen.
Aber ich denke, Seriosität kann sich auch heute noch durchsetzen.

Überzogener Datenschutz führt allerdings in eine Situation, wo am Ende die Regeln unterlaufen werden. Wir sind mit unseren Gesetzen kurz vor dieser Grenze, aber noch im grünen Bereich.

AG: Mit dem Signaturgesetz hat der Gesetzgeber vor etwa einem Jahr einen infrakstrukturellen Rahmen für ein sehr sicheres Verfahren einer digitalen Signatur zur Verfügung gestellt. Glauben Sie, dass dies eine Erfolgsgeschichte werden könnte ? Oder scheitert das ganze Projekt letztlich an fehlenden Regelungen im Ausland, dem technischen Nachrüstungsbedarf oder auch nur fehlenden Haftungsregelungen für die Zertifizierungsstellen ? Wie wird Ihrer Ansicht nach die Datenintegrität und -authenzität im Netz sichergestellt werden ?
HS: Das Signaturgesetz ist eine fantastische Idee.
Nur verwendbar ist es noch nicht. Und wenn wir in deutscher Gründlichkeit weiter über den Ausführungsbestimmungen brüten und den Nutzen zerreden, holen andere unseren Vorsprung beim eCommerce schnell mit pragmatischen Lösungen ein.

Das Signaturgesetz schafft einen Rahmen, in dem eCommerce tatsächlich möglich wird. Das begrüße ich, sobald das Gesetz aus dem Nebel des morgigen auftaucht.

Das Signaturgesetz hat das Zeug zum Exportschlager, wenn es funktioniert und Verträge ermöglicht.

AG: Mit der nach manchen Quellen angeblich schon fast marktreifen Technik, Daten sowohl über Stromkabel als auch in beide Richtungen über TV-Kabel zu transportieren, scheint sich eine Konvergenz der Netze anzudeuten. Gleichzeitig nähern sich auch die einzelnen Dienste einander an - Radioprogramme werden über http-Verbindungen übertragen, mit "Broadcast Online Television" werden Netzinformationen "huckepack" über TV-Signale versendet. Welche Konsequenzen müssen Politik und Rechtsordnung aus dieser Entwicklung ziehen ? Spricht mehr für eine technologiedifferenzierte Betrachtung oder sollte bei der Regulierung eher auf Funktionen oder gar auch gezielt auf einzelne Dienste abgestellt werden ?
HS: Jeder Dienst muß immer als das betrachtet werden, was er ist. Jeder Vergleich der Internetdienste mit klassischen Medien hinkt, alte Zöpfe von Regulatorien werden dem neuen nicht gerecht.

Die Erneuerung und der Umbruch der Medienlandschaft sind eine Chance für eine Runderneuerung der Betrachtung von Kommunikation, der individuellen wie massenhaften.
Wer nur Risiken sieht, hat nichts vom Leben.

Man muß jeden Dienst sehen, nicht das Trägermedium: für TV-Programme gelten auch die gleichen Regel, egal ob per Glasfaser, Kabel, teresstrischem oder Statellitenfunk verbreitet.

Eine Konvergenz der Netze sehe ich noch nicht so richtig, zur Zeit erschließen die neuen Techniken nur bekannte Nutzungsmöglichkeiten auch für Netze, die dieselben bisher nicht boten.
Das "multimediale Alles-In-Einem-Netz" ISDN beispielsweise taugt für Video on demand nur sehr eingeschränkt...

AG: Welche heute noch nicht marktgängigen Technologien werden sich Ihrer Meinung nach in absehbarer Zukunft durchsetzen können ? Wird die Informationsgesellschaft in fünf Jahren wesentlich anders aussehen als die Welt von heute ? Ist das Internet "the road ahead" ? Oder steigern sich Politik und Medien in einen gewissen Überschwang hinein, den grosse Teile der Bevölkerung nicht mitmachen werden ?
HS: Gute Frage.
Das "Internet" ist schlicht eine neue Kommunikationsinfrastruktur wie es weiland das Telex- oder das Telefonnetz waren.
Es ergänzt derzeit die klassischen Kommunikationskanäle zur individuellen (Telefon, Fax, eMail) und massenhaften (Rundfunk, Presse) Kommunikation und übernimmt teilweise schon deren Funktionen (eMail nagt an Fax und Telefon).
Dabei stellen sich Zusatznutzen heraus, die erst in der neuen Technik möglich werden (eMail mit Attachments).

Auch an anderer Stelle zeigt sich die gleiche Entwicklung: das WWW brachte Integration von Inhalten, die vertreut auf der Welt liegen (über Hyperlinks) und absorbiert jetzt immer mehr Kommunikationsformen (Video, Audio), die im textuellen Kontext anders als als allein wirken können.
Der fundamentale Unterschied ist jedoch, dass es bei der Kommunikation über das Internet keine eingefahrenen, vorbestimmten Wege gibt, kein Fernsehprogramm, kein Besetzzeichen, alles funktioniert rund um die Uhr, jederzeit.
Daraus resultiert, dass man seine Informationen mehr holen muß, als dass man sie gebracht bekommt. Ja, den Fernseher muss ich bewußt einschalten, die Zeitung vom Kiosk holen. Aber in beiden Fällen entscheide ich nicht allein, was ich zu sehen/lesen bekomme, sondern das Programm ist fertig für mich ausgewählt.
Im Web sieht man schon heute, dass dieser Alleinstellungsanspruch schwindet, personalisierte Infoseiten (bei Yahoo oder www.paperboy.de) sind in.

Dieser Trend wird sich verstärken, und das Internet wird die Massenkommunikation stärker in beide Richtungen laufen lassen als es das Fernsehen oder die Presse können.

Das Internet wird ein Massenmedium und wird einen Einfluss auf unser Leben bekommen wie die Zeitung oder das Fernsehen; Zeithorizont? Fünf bis zehn Jahre.

Hat aber nichts mit den "neuen" Techniken zu tun sondern mit der allgemeinen Internet-Entwicklung.

AG: Zum Abschluss noch ein paar harmlosere Fragen. Köennen Sie ein wenig über sich erzählen ? Wie sind Sie z.B. zu INX gekommen und welche Tätigkeiten umfasst Ihr Aufgabenbereich dort ?
HS: Zufall. Ich kenne die Gründer seit mehr als 10 Jahren - damals haben wir alle noch mit dem Usenet auf Basis uucp herumgespielt - und hier war eine Stelle frei. Ich konnte dem Angebot nicht widerstehen und habe meine Sebständigkeit daher beendet.

Ich bin Mitarbeiter im Vertrieb, kümmere mich aber um alles, von dem ich nichts verstehe.

AG: Sie sind bekennender Mac-User. Was für ein Modell verwenden Sie ?
HS: 7500 aufgerüstet auf 7600/166. Platten 0,5, 1, 4 und 16 GB.
AG: Worin sehen Sie die Vorteile gegenüber dem Wintel-Standard ?
HS: Das System ist eines, nicht ziel- und planloses Chaos ist "Standard". Das ist ein Vor- kein Nachteil.
AG: War die Entscheidung Apples gegen ein offenes PREP-, bzw. CHRP-Modell richtig ? Was halten Sie vom "iMac" - kann Apple damit die Wintel-Welt erfolgreich im Low-End-Bereich attackieren ?
HS: Nein, eine Öffnung wäre der Weg gewesen.
iMac: gute Idee, aber warum Qualität opfern und den Preis dann doch nicht senken? Warum nicht wenigstens FireWire einbauen und ADB beibehalten neben USB?
AG: Sie blicken darüber hinaus auf eine gewisse Atari ST-Vergangenheit zurück. Haben Sie sich auch einmal für den "Erzfeind" des ST, den Amiga, interessiert ? Was halten Sie von dem Rechner ? Glauben Sie, dass er noch eine realistische Überlebenschance hat oder sind alle vorhandenen Nischen neben Wintel bereits besetzt ?
HS: Keine Chance, Massenmarkt ist nur noch mit Wintel und vielleicht mit Apple zu machen.
Ich kenne den Amiga gut aus den Religionskriegen im Computerclub, der zwischen Amiga und ST als Apple-II Nachfolger gespalten war. Hat die Spaltung nicht überstanden.
AG: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und weiterhin alles Gute !
HS: Bitte schön.

[ Das Interview führte (an) für das "AmigaGadget". ]

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