Genre | : | Lehrbuch-CD-ROM | Herausgeber | : | Springer electronic media |
empf. VK-Preis | : | 58 DM | ISBN | : | 3-540-14766-7 |
Es gibt leider nicht allzu viele CD-ROMs, die, obwohl nicht für die Verwendung auf dem Amiga konzipiert, dennoch auch von Amiga-Anwendern genutzt werden können. Das ist umso bedauerlicher, als viele Daten-CD-ROMs dank der Etablierung offener (HTML) oder teilweise offener (PDF) Dokumentenstandards ohne wesentliche Einschränkungen bei der Funktionalität auch in plattformunabhängiger Form realisiert werden könnten. Die Ausnahmen sind praktisch an den Fingern einer Hand abzuzählen und erfordern, wie die "SPIEGEL"-Jahrgang-CD-ROMs, ein gerüttelt Maß an Experimentierfreude (vgl. Rezension in "AmigaGadget"#27) auf Seiten des Anwenders. Dass nun ausgerechnet im juristischen Bereich eine CD-ROM erschienen ist, die vollständig auf plattformunabhängige Standards setzt, ist durchaus überraschend, da hier bisher zwar leistungsfähige, aber leider proprietäre Lösungen das Bild beherrschten. Mit einer CD-ROM-Umsetzung des 1998 in erster Auflage erschienenen Lehrbuchs "Strafrecht Allgemeiner Teil" des Marburger Strafrechtsprofessors Georg Freund hat der Heidelberger Springer-Verlag, der nur den (Nach)Namen mit dem Hamburger Axel-Springer-Verlag gemein hat, seinen Tätigkeitsbereich auch im juristischen Sektor auf das Feld der so genannten "Neuen Medien" ausgedehnt. Um der (pseudo-)journalistischen Ethik gerecht zu werden, sei der eigentlichen Rezension vorausgeschickt, dass der Rezensent Alexander Koch, den für die technische Realisierung der CD-ROM verantwortlichen Mitarbeiter von Prof. Freund, gut kennt und mit ihm befreundet ist. Zwar erfolgte der Test in bester juristischer Tradition ohne Ansehen der beteiligten Personen. Da jedoch auch im gerichtlichen Alltag gelegentlich begründete Zweifel an der Ubiquität dieses Prinzipes bestehen, soll der werte Leser (und die werte Leserin) über diese potenzielle Befangenheit nicht im Unklaren gelassen werden. Doch nun zur Sache.
Von den auf der Hülle der CD-ROM abgedruckten Systemanforderungen darf man sich nicht abschrecken lassen. Auch wenn dort nur "Windows 3.x/95/98/NT", Unix und MacOS aufgeführt sind, läßt sich der im HTML-Format enthaltene eigentliche Inhalt der Strafrechts-CD-ROM natürlich auch auf dem Amiga nutzen. Lediglich die im Verzeichnis "browser" vorhandenen Browser ("Internet Explorer" und "Netscape") liegen nur für Apples MacOS und die diversen Versionen von Microsofts "Windows" vor. Neben zwei Installations-Batch-Dateien für "Windows"-PCs und zwei ASCII-Textdateien, in denen allgemeine Hinweise zur Nutzung der CD-ROM sowie besondere "Informationen für sehbehinderte Nutzer" gegeben werden, befinden sich auch zwei HTML-Dateien im Hauptverzeichnis der im klassischen 8+3-ISO-Dateiformat erstellten CD-ROM. Über diese gelangt man mit einem beliebigen Browser in das "virtuelle Lehrbuch" - und zwar mit der einen Datei ("start.htm") zur regulären Version (HTML 4 Transitional) und mit der anderen ("html2.htm") zu einer (hinsichtlich der Gestaltung und der Funktionalität) abgespeckten Fassung im HTML-2-Format. Das macht nicht nur für Puristen Sinn, sondern kann gerade auch für sehbehinderte Nutzer notwendig sein, falls deren Browser (in der Regel eine "Lynx"-Version) mit den die Optionen der vierten HyperText-Markup-Language-Generation weitgehend ausreizenden standardmäßig vorgesehenen HTML-Dokumenten nicht zurecht kommen. Wer ob dieser Charakterisierung schon Schreckensvisionen eines aufdringlich bunt (miss)gestalteten HTML-Desasters hatte, wird sich positiv überrascht sehen. Zwar müssen Amiga-Anwender (noch ?) auf die Darstellung der in dem zentrale Style Sheet definierten Gestaltungsmerkmale und den "Georgia"-Font, der leider nicht als True-Type-Datei, sondern lediglich als der Selbstinstallation fähiges ausführbares Programm bzw. als hqx-Archiv (für den Mac) beiliegt, verzichten. Doch auch ohne diese Extras ist das HTML-Design sowohl ansprechend elegant, als auch erfreulich übersichtlich. Eine "Best Viewed"-Bankrotterklärung sucht man vergeblich und Grafiken werden nur sehr zurückhaltend und vornehmlich als Naivgationssymbole eingesetzt.
Das Hauptmenü bietet sieben Querverweise, wobei der erste, der - in besonders großen Lettern - den virtuellen Weg zum "Lehrbuch" weist, drei Unterpunkte enthält, welche nicht wie dieser zum Vorwort des Lehrbuches, sondern "direkt zum Inhaltsverzeichnis", "direkt zum Stichwortverzeichnis" und "direkt zum ersten Kapitel" führen. Schon das Vorwort weist die typischen Navigationselemente auf, die lobenswerterweise im Lehrbuch-Teil der CD-ROM konsequent Verwendung finden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um einen - hellgrau unterlegten - Navigationsbereich im Kopf des Dokumentes und um einen ebensolchen am Ende der jeweiligen Seite. Der Kopf-Bereich enthält zunächst eine Information über den Bereich des virtuellen Lehrbuchs, in dem man sich gerade befindet. Hier steht also z. B. "Vorwort" oder die Angabe des Kapitels, wobei die einzelnen Dokumente nicht jeweils einem "Paragrafen" des Lehrbuchs entsprechen, sondern die Unterteilung eine Ebene tiefer (bei den römischen Gliederungsziffern) ansetzt. Das macht sich positiv bemerkbar, da im HTML-Quelltext intensiv mit Tabellen gearbeitet wurde und die Amiga-Browser für deren Darstellung traditionell viel Rechenzeit aufwenden müssen. Wäre die Gliederung den nur elf Paragrafen nachempfunden worden, hätte der "Freund" das Nervenkostüm so manches Amiga-Anwenders auf die (Zerreiß-)Probe gestellt. So geht die Rechnerleistung nur beim Anzeigen des Gesamtinhaltsverzeichnisses in die Knie - und auf genau das können, bzw. müssen die meisten Amiga-Anwender ohnehin verzichten, da hier (sowie in der weniger tief gegliederten "Inhaltsübersicht" und dem "Stichwortverzeichnis") die (meisten) Links ausnahmsweise in Javascript realisiert sind. Das zweite Element der Kopf-Navigationsleiste, um den Exkurs zu Fragen des allgemeinen Aufbaus der CD-ROM zu beenden, sind zwei Querverweise, die "weiter" und "zurück" führen, also zum nächsten und zum vorherigen HTML-Dokument (d. h. beispielsweise zum nächsten bzw. vorherigen Kapitel). Dabei bestimmt sich die Reihenfolge nach der in der gedruckten Version des Lehrbuches verwendeten Ordnung. Das dritte Navigationselement im Dokumentenkopf ist nun nur bei den Lehrbuch-Kapiteln vorhanden, nicht jedoch bei den anderen Dokumenten, also Vorwort, Inhaltsübersicht, Inhaltsverzeichnis (welches übrigens fälschlich mit "Inhaltsübersicht" betitelt ist), Abkürzungsverzeichnis, den drei Anhängen, dem Literaturverzeichnis und dem Stichwortregister. Es handelt sich dabei nämlich um ein "Mini-Inhaltsverzeichnis" des jeweiligen Kapitels, in dem die Gliederungspunkt der unteren Ebenen dieses Kapitels aufgeführt sind und in welchem dankenswerterweise wieder auf Javascript verzichtet wurde. Den - nun wieder auch bei den anderen Lehrbuch-Dokumenten vorhandenen - Abschluss des oberen Navigationsbereiches bildet eine "Buch"-Leiste, in der man direkt zur Start-Seite, zum Inhalts- oder dem Stichwortverzeichnis sowie zu einer Suchfunktion springen kann, welche jedoch über Java realisiert wurde und daher Amiga-Anwender höchstens an die diversen grandios gescheiterten Versuche, amiganative Java-Versionen zu veröffentlichen, erinnern kann. Der untere Navigationsbereich schließlich ist auf allen Lehrbuch-Seiten identisch strukturiert. Ein Querverweis führt zum "Seitenbeginn", einer - wie im oberen Bereich auch - "weiter" und einer "zurück".
Doch damit des Navigationskomforts nicht genug. Besondere Mühe hat sich Alexander Koch mit den Kapitel-Dokumenten gemacht. Diese werden in zwei untereinander angeordneten Frames dargestellt, wobei der untere der weitaus kleinere ist und ausschließlich der Anzeige der Fußnoten dient. Klickt man im Text eine - als Querverweis umgesetzte - Fußnote an, so wird nur der Inhalt des unteren Rahmens beeinträchtigt und dort die angewählte Fußnote angezeigt. Dieser ist nun aber auch ein Querverweis vorangestellt. Wählt man diesen an, wird der Inhalt des oberen Rahmens verändert und wieder die Textstelle angezeigt, die durch die Fußnote belegt wird. Noch weiter erleichtert wird die Orientierung des CD-ROM-Nutzers durch (erneut hellgrau unterlegte) Navigationsleisten zwischen den einzelnen Gliederungspunkten innerhalb eines Dokumentes, die lediglich drei kleine Pfeile enthalten. Sie verweisen um einen Gliederungspunkt, bzw. Absatz nach oben oder unten sowie direkt zum Seitenanfang. Ein ganz wichtiges Kriterium für juristische Literatur ist auch ihre Zitierbarkeit. Damit man Textstellen der CD-ROM nicht über Pfadangaben zitieren muss, enthält die virtuelle Version dieselbe Randnumerierung wie das Buch, so dass der Lehrbuch-Teil der Silberscheibe auch in dieser Hinsicht keinerlei Anlass zur Kritik gibt. Im Gegenteil - die HTML-Umsetzung ist äußerst gelungen, wunderbar zu bedienen und, last but not least, auch optisch ansprechend. Die anderen sechs Punkte des Hauptmenüs sind nun zwar im Vergleich zur Buchfassung nur eine Zugabe - aber was für eine ! Zwar kann die Volltextsuchfunktion, welche im Gegensatz zu der im Lehrbuch auch die Dokumente der CD-ROM berücksichtigt, die nicht zum Lehrbuch selbst gehören, hier, Java sei's gedankt, ebenfalls nicht begeistern. Und der Link auf die Homepage von Prof. Dr. Freund ist auch nicht wirklich spektakulär. Die verbleibenden vier Verweise erschließen dem Nutzer jedoch einen nicht unerheblichen Mehrwert. Das gilt in erster Linie für das Strafgesetzbuch (StGB), das hier in einer vollständigen Fassung auf dem Stand vom 1. Januar 1999 vorliegt und somit bereits die zahlreichen Änderungen enthält, die durch das sechste Strafrechtsreformgesetz eingeführt wurden. Und natürlich ist auch hier allerhöchster Navigationskomfort garantiert. Nicht nur, dass sämtliche Paragrafen des StGB, die im Gesetzestext genannt werden, ihrerseits als Link auf die betreffende Vorschrift ausgestaltet sind. Die Dokumente - jeder Paragraf des StGB ist in einem gesonderten HTML-Dokument enthalten - werden sowohl nach oben als auch nach unten wieder von einer (hellgrau unterlegten) Navigationsleiste abgeschlossen. Über diese kann man sowohl zur Paragrafenübersicht als auch zur vorherigen und zur nächsten Vorschrift springen. Damit nicht genug - da auch im Lehrbuch-Teil auftauchende Paragrafen als Querverweise auf die betreffenden StGB-Normen ausgestaltet sind, enthält die Navigationsleiste auch einen Link, der den Leser "zurück" führen soll. (Im übrigen sind auch alle anderen im Lehrbuch genannten (Einzel)Normen vorhanden und wie die StGB-Vorschriften direkt im Text anklickbar.) Das geht, der HTML-Kundige wird es geahnt haben, jedoch wieder nur mit Javascripts Hilfe. Diese leichte Einschränkung kann aber nichts an der Nützlichkeit der exzellenten HTML-Version des Strafgesetzbuches ändern, zumal es ein Druck auf den "Zurück"-Schalter des Browsers ja in der Regel auch tun sollte. Die Lernkontrolle, bei der Kontrollfragen zu allen elf Kapiteln in einem Frame angezeigt werden, unter dem dann das zugehörige Lehrbuchkapitel mitsamt Fußnoten-Frame geöffnet wird, benötigt wieder Javascript. Die "Hilfe / FAQ" enthält gut verständliche und mit Blick auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Anwender geschriebene Informationen zur Bedienung des CD-ROM-Lehrbuches in Form "häufig gestellter Fragen". Eher unspektakulär wirkt auch der letzte Punkt des Start-Menüs. Das, was den Fragebogen, über den sich die Hersteller der CD-ROM Rückmeldungen bezüglich der Stärken und Schwächen ihres Produktes erhoffen und der als Text- und RTF-Datei vorliegt, sowie in einer Online-Version auch direkt im WWW ausgefüllt werden kann, für den Anwender interessant macht, ist die Tatsache, dass unter allen Teilnehmern an der Fragebogenaktion einmal im Jahr Überraschungspreise im Wert von 2000 DM verlost werden. Da wird zwar keine Reise in die Südsee dabei sein, ein netter Anreiz und eine innovative Idee ist das aber allemal. Wer über einen Javascript-fähigen Browser verfügt, kommt - mit weiter unten zu benennenden Einschränkungen - im Startmenü übrigens noch in den Genuß der Option, direkt an die zuletzt betrachtete Stelle des Lehrbuches zu springen. Das funktioniert aber selbst bei voller Javascript-Fähigkeit des Browsers nur dann, wenn man den Browser so genannte Cookies akzeptieren läßt. Dies ist bei manchen Amiga-Browsern (bzw. Amiga-Browser-Versionen) standardmäßig deaktiviert und müßte von daher gegebenenfalls erst im entsprechenden Konfigurationsmenü eingestellt werden.
Und da dem Amiga-Anwender die schönste HTML-CD-ROM nichts bringt, wenn sie mit der vorhandenen Browser-Software nicht genutzt werden kann, soll diesem Aspekt nachfolgend noch einmal ausdrücklich besondere Aufmerksamkeit zuteil werden. Mit "Voyager" 2.95 sieht die "Freund-CD-ROM" sehr gut aus und kann bis auf die Javascript-Funktionen (und natürlich die Java-Suchfunktion) ohne Einschränkungen verwendet werden. (Der Versuch, die Start-Seite mit der - javascriptfähigen - fünften Prerelease von "Voyager" 3.0 zu öffnen, führte zum Absturz des Systems.) "IBrowse" 1.2 zeigt die HTML-Dokumente wie Version 2.95 des "Voyager" ebenfalls zuverlässig, wenngleich weit weniger ansprechend an. Hier machen sich die Schwächen der alten Version des Browsers aus dem Hause Omnipresence bemerkbar. U. a. ist "IBrowse" auch nicht in der Lage, Link-"Anchors" innerhalb eines in einem anderen Frame angezeigten Dokumentes zu berücksichtigen, so dass insbesondere die Querverweise auf Fußnoten nicht funktionieren. Und auch die neue Version 2.1 bringt nur geringfügige Verbesserungen der Darstellung, auf die Javascript-Funktionen muss man nach wie vor verzichten und mit den externen Link-"Anchors" kommt der am meisten überschätzte Amiga-Browser nach wie vor nicht zurecht. Die beste Figur im Umgang mit der "Freund"-CD-ROM machte "AWeb". Zwar funktionierten auch bei der Demo-Version von "AWeb" 3.2 die Verweise aus den Inhalts- und Stichwortverzeichnissen nicht, dafür hatte der "offizielle" Amiga-Browser keinerlei Probleme bei dem Umgang mit den Cookies und den mit ihrer Hilfe über Javascript realisierten Rückverweisungen.
Das auf Silberscheibe gebrannte Werk in fachlicher Hinsicht zu bewerten, ist ein Amiga-Diskettenmagazin mit Sicherheit nicht der Ort und der Rezensent nicht qualifiziert genug. Doch die Feststellung sei erlaubt, dass der von Freund verfolgte Ansatz viele Inkonsequenzen und Ausnahmelösungen der "herrschenden Meinung" erklären bzw. vermeiden kann. Den Studierenden nur verwirrende Wucherungen aus Postulaten, Fallgruppen und Streitigkeiten werden durch Freunds "Personale Straftatlehre" auf ihre sachlichen Hintergründe und Ursprünge zurückgeführt. Da seine Lehre von dem gemeinhin vertretenen Straftatkonzept zum Teil erheblich abweicht, kann der "Allgemeine Teil" Studienanfängern kaum empfohlen werden. Doch im Fortgeschrittenenstadium und spätestens bei der Examensvorbereitung wird man in dem Lehrbuch einen "guten Freund" finden, so man sich die Mühe macht, die teilweise recht abstrakten Konzepte zu verstehen. Und anders als so manch anderes Lehrbuch dürfte das vorliegende Werk auch dem examinierten Juristen und selbst erfahrenen Praktikern und Lehrenden noch einiges zu bieten haben. Revolutionäre und faszinierende Denkansätze und Ideen enthält es jedenfalls zur Genüge.
In formaler Hinsicht weist das Werk - das gilt für die gedruckte Fassung und die CD-ROM-Version gleichermaßen - kleinere Mängel auf, an denen sich jedoch nur "Gadget"-Herausgeber oder pathologisch penible Pseudo-Oberlehrer stoßen dürften (ohne dass sich dabei die Alternativen gegenseitig ausschließen würden). Interessanterweise trifft sich der "Freund" hier mit den Kritiken, die in der juristischen Fachpresse über die gedruckte Version erschienen sind, und die trotz ihrer Kürze allesamt unter kleineren Rechtschreib- und Grammatikmängeln oder ähnlichen marginalen Insuffizienzen leiden - wobei die Kritik im "Kleinen Advokat" mit der innovativen Silbentrennung "tatb- estandsmäßigen" wohl den Vogel a- bschießen dürfte. Ein weiterer, ähnlich irrelevanter Kritikpunkt betrifft den gewaltigen Karton, in dem man die CD-ROM wohl verstecken zu müssen glaubte. Außer dieser enthält der Karton, der von der Größe her selbst die schon überdimensionierte "Myst"-Verpackung übertrifft (wenn auch nur geringfügig), nur heiße Luft - die Anleitung, deren "Hinweise zur Installation" sich weitgehend auf die diversen "Windows"-Versionen beschränken, ist sinnvollerweise, platz- und kostensparend im Booklet der CD-ROM gut aufgehoben. Der Grund für den Verpackungsgigantismus bleibt also im Dunkeln. Die Abschreckungswirkung, die von dem gewaltigen Karton ausgeht, ist jedoch offenkundig und hat einen Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Abteilung des Münsteraner Instituts für Telekommunikations- und Medienrecht gar dazu inspiriert, das Produkt aus dem (wissenschaftlichen) Springer-Verlag das "grüne Monster" zu taufen. Und auch der letzte Kritikpunkt an der ansonsten nur unheimlich guten CD-ROM betrifft nichts, was die Benutzerbarkeit der Silberscheibe beeinträchtigen würde. Etwas obskur, zumal bei einer juristischen Publikation, wirken die Bestimmungen zur "Nutzung und Registrierung", die den Großteil des Booklets einnehmen, jedoch schon. Da wird z. B. die Anwendbarkeit der Regeln des Urheberrechts "vereinbart", als sei dies Vorbedingung für seine Wirksamkeit und es nicht im Gegenteil (zumindest konkludent) abzubedingen - sofern dies überhaupt möglich oder wegen der zwingenden Natur zahlreicher Vorschriften ohnehin ausgeschlossen ist. Albern beispielsweise auch Ziffer 1 Nummer 4 Satz 1 der "Vereinbarungen", der dem Nutzer die Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung der Vertragssache auferlegt. Beinahe schon frech (und jedenfalls dank §§ 3, 9 II Nr. 1 u. 2 AGBG und § 69c Nr. 3 S. 2 UrhG natürlich sowohl schuld- als auch urheberrechtlich unwirksam) ist aber Ziffer 2 Nummer 1. Dort wird "jede Weitergabe (z. B. Verkauf) der Vertragsgegenstände an Dritte" an die schriftliche Erlaubnis des Springer-Verlages geknüpft (die aber begeisternderweise, vgl. dazu die auch in sprachlicher Hinsicht faszinierende Nummer 2 der Ziffer 2, bei Vorliegen eines schriftlichen Antrags des bisherigen Nutzers und einer Erklärung (in Schriftform ?) des künftigen Nutzers, in der dieser versichert, dass er sich an die Regelung (gemeint wohl: Regelungen) des "Vertrages gebunden hält", erteilt wird). Wenn "Miami"-Programmierer Holger Kruse auf derart windige Methoden zurückgreifen zu müssen glaubt, so mag das dem in den USA lebenden Informatiker verziehen werden. Von einem wissenschaftlich renommierten deutschen Verlag, der sich jetzt auch im juristischen Bereich etablieren möchte, kann man jedoch wohl ein wenig mehr Rechtskenntnis erwarten. Und damit das ganze nicht nur von Juristen als humoristische Zugabe genossen werden kann, findet sich in Ziffer 5 Nummer 1 Satz 2 noch die beinahe grenzdebile Feststellung, "dass Datenbanken und Software nicht fehlerfrei erstellt werden können". Das sollte man sich vor Augen halten, wenn man nochmal versucht, die Telefonnummern seiner Bekannten mit dem Computer zu verwalten, oder "Hello World" unter C zu compilieren...
Aber diese Detail-Kritik darf den Blick nicht trüben. Mit der CD-ROM-Umsetzung seines Lehrbuches ist Prof. Dr. Freund (und natürlich vor allem auch dem für die technische Umsetzung verantwortlichen Alexander Koch) ein großer Wurf gelungen. Der Bedienkomfort ist extrem hoch und hängt vor allem nicht an einer bestimmten Systemkonfiguration. Das HTML-Design beweist, dass hier jemand zugange war, der sein Handwerk versteht. Man ist nicht bei einer einfachen 1:1-Umsetzung der Vorlage stehen geblieben, sondern hat die CD-ROM-Version um zahlreiche sinnvolle Zusatzfunktionen ergänzt. Ein besonderes Lob verdient die vorzügliche interne Verlinkung, auch und vor allem hinsichtlich der Einbindung zitierter Normen durch Querverweise. Wenn das Lehrbuch vor nun fast zwei Jahren einen "neuen Akzent in der Ausbildungsliteratur" (Klappentext) setzte, wurde der Markt der "Neuen Medien" im juristischen Bereich durch die vorliegende CD-ROM, um im Bild zu bleiben, um eine gänzlich neue Sprache erweitert. Der "Freund" setzt hier Maßstäbe und könnte, nein, sollte so mancher größeren Produktion als Vorbild dienen. Es bleibt nur die Frage, wer sich die CD-ROM kaufen soll. Als Ergänzung zum Buch wird man sie in der Regel nicht benötigen - zumal ja die Volltextsuche beim Einsatz auf einem Amiga nicht funktioniert. Da die CD-ROM alles enthält, was das Lehrbuch bietet, wäre es umgekehrt vorstellbar, die digitalisierte der gedruckten Fassung vorzuziehen. Derartiger Pioniergeist dürfte jedoch bei den wenigsten Juristen anzutreffen sein, schließlich ist der Papierausstoß in kaum einer anderen akademischen Disziplin so hoch wie in der rechtswissenschaftlichen. Somit sind wohl vor allem Sehbehinderte die Zielgruppe der CD-ROM. Für diese ist die Silberscheibe zweifelsohne ein echter "Freund". Aber auch diejenigen, die die Möglichkeit haben, Buch und CD-ROM als Bundle zu ermäßigtem Preis zu erwerben, dürfen ohne Zögern zugreifen. Und für im strafrechtlichen Bereich tätige Amiga-Anwender ist die CD-ROM ohnehin ein Muss - sofern sich diese Tätigkeit nicht auf die Erfüllung strafgesetzlicher Tatbestände beschränkt.